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Die Arbeits- und Lebensverhältnisse der Wiener Lohnarbeiterinnen : Ergebnisse und stenographisches Protokoll der Enquete über Frauenarbeit, abgehalten in Wien vom 1. März bis 21. April 1896
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Arbeitsdaucr ist in der Regel bei den Eroßbetriebcn 1" Stunden, nnd zwar von z bis 12 Uhr Bormittags nnd von I bis «! Uhr Nachmittags. In den Kleinbetrieben müssen die Leute vielfach llebcrzeit machen. Tie Entlohnung hieiür ist sehr verschiedenartig. Sie werden von den Experten erfahren, das; es fast in jedem (Geschäft eine eigene Methode gibt, nach welcher die Löhne für Ueberstnnden berechnet werden. Der Einfluß der Eewcrbe-Inspcctoren hat hier ziemlich wenig gewirkt. Die Sonntagsruhe ist vor der Schaffung des Ecuverbegeietzes überhaupt niemals eingehalten worden. Seit der Schaffung dieses Eesetzes tvird dieselbe so ziemlich eingehalten, aber auch nur in den Großbetrieben, in dem Kleingewerbe weniger. Tas Eeiverbe-Inspectorat hat diesbezüglich auch sehr wenig seinen Einfluß geltend machen können, weil es unzulänglich ist und viel zu lax gchandhabt wird.

Als Enriosum kann ich Ihnen folgendes bekannt geben. Im Jahre I.-üA» wurde in einem der größten Eeschäfte Wiens eine Stauzmaschine ausgestellt, nnd bei dieser sind innerhalb eines Laleuderjahres l-> Ber- letzungeu vorgekommen, welche mehr als .Erankheitstage znr Folge halten. Auf eine Anzeige, welche an die Ecwcrbebehörde erstattet wurde, ist bis heute noch keine Antwort gekommen. Man hat die Lache einige Male nrgirt, nnd daraus hat man gesagt: Was soll da der Magistrat machen? Und es ist bis heute nichts geschehen.

Ueber die Verhältnisse in der Branche der Eartonnagearbeiter werde ich nicht sprechen, weil sich dieselben ganz anders entwickelt haben. Tort ist die Arbeitszeit noch 11 Stunden, was bei der Buchbinderei nur selten anzutreffen ist. Der Lohn schwankt zwischen sl. 1'.">«> nnd K Die Mehrzahl dürste aber sl. l wöchentlich beziehen.

B v r s inender: Ich erlaube mir die weitere Befragung dieses Herrn Experten auf den Nachmittag zu verlegen und bitte nun den

Herrn Experten Hantschel uns Einiges bekanntzugeben. Experte

H a n t s ch e l: Tie Eartvnnagearbeit ist aus der Buchbinderei entstanden nnd ist eine Specialbranche. Tie Maschinen sind sehr primitiv. Seit den

1-7 Jahren, in welchen ich beim Geschäfte bin, wurden anfangs in der

Regel die Eartons mit gewöhnlichen Messern, Schnitzern zugeschnitten. Später hat man eigene Maschinen zum Ritzen erfunden, dann solche zum Schneiden, endlich solche, die das Ritzen und Schneiden zugleich besorgen: diese letzteren sind jetzt in den Fabriken vorherrschend. Tiefe Maschinen ersetzen also zwei Arbeiter nnd zwei Maschinen. Wir haben auch Heftmaschinen und Ansstvßmaschinen. Tie Technik derselben ist sehr einfach, und man stellt einen Lehrbuben dazu oder eine Frau. Tie Lehrbuben werden meistens aus gedungen, aber der Herr Borstand der Eenossenichast hat keinen Einwauö dagegen erhoben, daß Meister viele Lehrbuben nnd Hilfskräfte aufnehmen, weil dieselben billig sind, auch wenn sie sich mehr Lehrjnngen aufnehmen, als sie eigentlich aufzunehmen berechtigt sind. Bei uns sind drei Lehrjnngen, die sämmtlich aufgednngen worden sind.

Was die Werkmeister betrifft, so gibt es Werkstätten, in denen 7l>, oder 7«» Arbeiter sich befinden, wo der Wortführer einmal ein Ziegel- decker, das andere Mal ein Bronzirer, das dritte Mal ein Tischler ist. Bezüglich der Beschäftigung der fügend.ichen Hilfsarbeiter und Lehrbuben besteht bei uns die sogenannte Theilarbeit. Jeder kommt zu einer anderen Maschine nnd macht nur einen Theil der Arbeit. Ich bin nicht aufgednngen worden, sondern als Hilfsarbeiter eingetreten: aber bei unserer Branche lernt ein Hilfsarbeiter die Sache besser, als wenn er aufgednngen wird. Tenn ein Hilfsarbeiter wird, wenn ein Lehrjnnge fortgeschickt wird, zu einer Maschine gestellt; wird ein anderer fortgeschickt, so kommt er wieder zu einer anderen Maschine u. s. s. Dadurch lernt er alle Maschinen kennen, während ein Lehrjunge zwei, drei Jahre immer dasselbe macht. Tie männ-