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gibt es zwar, man kann sie aber nicht öffnen, weil sie verstellt ist. In diesem Saale sind beinahe 100 Personen, und die Fenster dürfen auch im Sommer nicht geöffnet werden. Da rinnt Einem das Wasser nur so herunter. Im oberen Saale sind zwei Aborte, einer für die Mädchen und einer für die Männer. Dieselben sind gewöhnlich sehr unrein, man muß es zehnmal sagen, bis sie gereinigt werden. Im Saale selbst darf nicht gegessen werden; unten beim Maschinenhause ist ein kleines Gemach, wo Alle essen.

Dr. Osner: Ist die Arbeit bei der Buchbinderei gesundheitsschädlich? Exp. Nr. 3: Ja. Das Falzen ist für die Brust sehr anstrengend.

Dr. Ofner: Haben Sie mit Leim zu thun? Exp. Nr. 3 : Beim Falzen nicht, aber bei den anderen Arbeiten. (Ueber Befragen des Vorsitzenden. > Exhaustoren sind keine vorhanden. Die Werksührer sind gewöhnlich Männer. Das Betragen derselben ist sehr gemein, sie sind sehr grob und keck. Wenn man sich beklagt, so geht es doch den nächsten Tag wieder so. Ein Werk­meister stößt manchmal die Arbeiterinnen; einmal hat er eine so gestoßen, daß sie hingefallen ist. Es wird auch viel geschimpft. Die Zahl der ledigen Arbeiterinnen ist größer als die der verheirateten. Auch die Verheirateten haben unter grober Behandlung zu leiden.

Dr. Schwiedland: Was ist es eigentlich, worüber Sie sich am meisten beschweren? Exp. Nr. 3: Ja, wenn man sich den ganzen Tag von Früh bis Abends mit der Arbeit abplagt und doch nicht so viel hat, um sich anständig zu ernähren . . .

Dr. Schüller: Diejenigen, welche um fl. 2 oder 3 arbeiten, werden wohl in der Mehrzahl zu Hanse wohnen? Exp. Nr. 3: Sie wohnen sogar meistentheils nicht zu Hanse; und wenn sie auch zu Hause wohnen, so geht es ihnen auch nicht besser; die Familie zu Hause wartet dann am Samstag immer schon auf das Geld.

Exp. Nr. 5 (über Befragen des Vorsitzenden»: Ich bin zwölf Jahre im Gewerbe und war in zwei größeren und zwei kleineren Betrieben. Gegenwärtig bin ich in einem kleineren Betriebe, in welchem zwölf Männer und etwa ebensoviele Frauen beschäftigt sind. In den kleineren Betrieben sind überhaupt die Frauen viel zahlreicher, da sie vom kleinen Unternehmer mehr ausgesogen werden.

Vorsitz e n d e r : Ich glaube doch das Gegentheil. Je mehr Arbeits­theilung und maschinelle Technik, desto mehr Frauenarbeit. Exp. Grün­feld: Es ist auch so, nur war Frau Exp. Nr. 5 zufälligerweise in solchen Be­trieben, wo die kleineren Unternehmer verhältnismäßig mehr Arbeiterinnen beschäftigten als die großen.

Exp. Nr. 5 (über Befragen des Vorsitzenden): Es gibt einen Arbeiter, der sein zehnjähriges schulpflichtiges Kind in's Geschäft mitnimmt und von diesem für fl. 2 wöchentlich als Hilfsarbeiter die Verrichtung eines Arbeiters mit Bezahlung von fl. 5 besorgen läßt. Ein zweiter Fall ist mir allerdings noch nicht vorgekommen, aber daß zwölf-, dreizehnjährige Kinder verwendet werden, ereignet sich öfter. Dieses Kind ist natürlich nicht in der Krankenversicherung, weil man es anzumelden fürchtet. Bei uns wird keine Arbeit nach Hanse gegeben. Die Frauen verrichten leichtere Arbeit, müssen aber auch Theken machen, wiewohl dies den Männern zukommt, weil man ihnen sagt:Ja wie soll ich Ihnen fl. 5 geben, wenn Sie keine Theken machen können?" Auch sonstige schwerere Arbeiten besorgen die Frauen.

Die Arbeiterinnen sind zumeist Arbeiterkinder. Es kommt aber auch vor, daß sie Kinder von kleinen Handwerkern sind. Auch gehen manch­mal Dienstmädchen zu unserem Gewerbe.

Exp. Strnad: Das Pflegt nur vorübergehend zu sein, indem die Dienstmädchen nur auf ein paar Wochen zu uns kommen, wenn die gute Zeit da ist.