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werden, manchmal bis 8 Uhr, seltener bis 9 oder 10 Uhr. Durchschnittlich waren also zwei bis drei Ueberstunden. Der Arbeiter mutzte auch Register nach Hause nehmen; er hat also z. B. bis 9 Uhr dort bleiben und dann noch eine Arbeit von zwei bis drei Stunden nach Hause mitnehmen müssen. Die Entlohnung für die Hausarbeit ist sehr gering. Der Arbeiter hatte fl. 9 Lohn. Der Lehrling mutzte genau so mitarbeiten wie wir. Er ist 10 Jahre alt. In dem Betriebe, wo ich früher war, waren Strafen und Abzüge; für fünf Minuten Zuspätkommen 10 kr., für 10 Minuten 20 kr., und weint man eine Viertelstunde zu spät gekommen ist, hat man nach Hanse gehen müssen. Man hat während der Mittagspause weggehen müssen, weil die Werkstätte gesperrt wurde. An kleinen Feiertagen mußte gearbeitet werden; auch hie und da bis 1 und 2 Uhr Mittags. Die Ernährung ist dieselbe, wie sie von der Collegin besprochen wurde, man ist zum Greitzler gegangen. Ich speciell ging nach Hanse. Das jetzige Local befindet sich im Parterre. Es ist darin ungesund, weil nur zwei Fenster sind, die nicht geöffnet werden, und vier Personen darin arbeiten, der Meister arbeitet nämlich mit. Wo ich früher war, war es bei unserem Herrn mit der Sittlichkeit sehr schlecht bestellt. Erstens nahm er nur hübsche Mädchen auf, zweitens bezahlte er nur fl. 2 Lohn, wenn man hinkam. Dann hat er mir 50 kr. Zulage gegeben, weil er glaubte, er werde sich von mir etwas erringen. Wenn man über­feinem Willen nicht nachgibt, so wird man schlecht behandelt und bekommt überhaupt keine Zulage. Auch ich hätte keine bekommen, wenn sie mir nicht der frühere Compagnon gegeben hätte. Wenn man seinem Willen nicht nach­gibt, so schmeißt er Einen einfach hinaus. Früher war es noch schlechter, da hat er am Anfang nur fl. 2'50 gegeben.

Exp. Grünfeld: Ich erlaube mir, diesem letzteren noch etwas hinzuzufügen. Es ist dies ein Fall, der bekannt ist. Wenn die Arbeiterinnen aus diesem Geschäft anstreten, so sinken sie manchmal aus die Stufe jener Damen, deren es in Wien so viele gibt. Es ist dies die Firma ... Ter Herr selbst ist verheiratet und hat Kinder. Er sagt zu jeder Arbeiterin, die sich nicht hergibt: Schlampen, Fetzen u. s. w. Auch die Arbeiter be­handelt er sehr schlecht. Ein tüchtiger Arbeiter, der sehr viel leisten muß, hat fl. 7 bis 9 Lohn., Ein Arbeiter war zwei Jahre bei ihm und hat 50 kr. Zulage verlangt, da hat er ihn hinausgeschmissen. Er hat aber andererseits Arbeiterinnen goldene Uhren und fl. 50 geschenkt.

Ich möchte noch etwas bezüglich der Zwischenmeister erwähnen. Es ist das bei uns nicht so zu verstehen wie bei den Schuhmachern und Schneidern, wo es Arbeiter gibt, die zu Hause für Fabrikanten arbeiten, sondern es kommen bei uns kleine Meister in die Fabriken und übernehmen die Arbeit billiger als sie der Fabriksarbeiter herstellen kann. Ich möchte auch erwähnen, daß in manchen Geschäften, wo leichte Sachen fabricirt werden, auch die Frauen bei der Vergolderpresse arbeiten.

Auch möchte ich noch einige Uebelstände berühren. Auf der Landstraße ist eine Buchbinderei, wo ganz tüchtige Arbeiter nur fl. 7 bis 9 verdienen; am Samstag bei der Lohnanszahlung müssen sie oft bis 9 und 10 Uhr- warten, und bekommen sie manchmal nur die Hälfte oder den vierten Theil des Lohnes, das Uebrige erhalten sie in der nächsten Woche sozusagen ratenweise.

In einer Buchbinderei in Margarethen wird während der Saison bis 1 und 2 Uhr Nachts gearbeitet und auch jeden Sonntag. Der betreffende Unternehmer ist auch schon mehrere Male bestraft worden; aber so lange die Strafen nicht größer sind, läßt er doch fortarbeiten.

Dann ist die Buchbinderei ... in der Leopoldstadt zu erwähnen; dort wird der Arbeiter von dem Werkführer gezwungen, wenn er Namens- oder Gebnrtstag hat, ihm ein Geschenk zu machen.