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Die Arbeits- und Lebensverhältnisse der Wiener Lohnarbeiterinnen : Ergebnisse und stenographisches Protokoll der Enquete über Frauenarbeit, abgehalten in Wien vom 1. März bis 21. April 1896
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Vorsitzender: Wie ist es mit der Reinigung? Exp. Nr. 14 : Wenn die Mädchen selbst Fetzen, Besen und Bürste kaufen, können sie reinigen, sonst können sie im Schmutz ersticken. Die kein Schwein ist, kauft sich eine Bürste und reibt. Zu Mittag bleiben viele Arbeiterinnen, die meist ledig sind und in Hernals wohnen, in der Werkstätte; nur wenige, die gerade in der Nähe wohnen, gehen nach Hause.

Vorsitzender: Gehören die Eädchen einer Organisation an?

Exp. Nr. l4: Ich war die Einzige. Die Anderen fürchteten sich; sie haben gesagt:Wenn es der Herr erfährt, werde ich entlassen." Einige sind aber hingegangen. Wie der Herr gehört hat, daß ich dabei bin, hat er mich ent­lassen wollen; ich habe gesagt, er soll mich entlassen. Dann hat er mich behalten.

Vorsitzender: Was wird für die Unfallversicherung abgezogen?

Exp. Nr. 14: Nichts. Es kann bei uns nichts geschehen, wir haben keinen Motor.

Dr. Adler: Was essen Sie am Sonntag ? Exp. Nr. 14: Wenn Eine bei den Eltern ist, bekommt sie eine Erdäpfelsuppe oder Griessuppe; ein Stückel Fleisch und Zuspeise ist sehr selten. Experte ^: Es ist außer­ordentlich selten, daß sich die Leute einen Rostbraten um 16 kr. beim Pserdesleischhauer kaufen.

Dr. Adler: Was essen Sie am Sonntag Abends? Exp. Nr. 14: Augsburger vorn Pserdesleischhauer kann man sich kaufen. Exp. Nr. 12: Montag sind die Arbeiterinnen gewöhnlich krank, weil sie das Fleisch nicht vertragen ; da sagt der Herr:Na ja, gestern waren S' gewiß wieder tanzen und hab'n gedraht." Ich weiß das von mir. Es ist mir am Montag immer schlecht, wenn ich Sonntag ein Stück Fleisch gegessen habe.

Schluß der Sitzung 7 Uhr 15 Minuten.

3. Sitzung, Montag, den 2. März 1896.

Vorsihender: Vardorf.

Beginn 7 Uhr 45 Minuten Abends.

Schriftführer Dr. Frey: Die Commission erachtet es im Interesse der Unparteilichkeit der Enquete für geboten, daß auch Unternehmer einver­nommen werden. Wir haben natürlich kein Mittel, um solche zum Erscheinen zu veranlassen; wenn sie sich aber bei den Commissionsmitgliedern melden, so bitte ich dies unverzüglich bekannt zu geben.

Vorsitzender: Ich beginne mit der Einvernahme der Experten aus der Zuckerbäckerbranche, und zwar zunächst der männlichen Experten.

Experte Herr Gustav Schindler: Mir kommt es nicht zu, den Gewerbebetrieb zu erläutern, da ich nur in kleinen Betrieben gearbeitet habe. In diesen gibt es weibliche Arbeiterinnen nur im Verkaufsgewölbe, nicht aber in der Erzeugungsstätte. Werden Frauen beschäftigt, so haben sie nur die untergeordneten Reinigungsarbeiten oder Handlangerdienste zu verrichten. In Betrieben, die eine größere Ausdehnung haben und wo Hilssarbeiterinnen, jedoch nur zu untergeordneten Arbeiten verwendet werden, ist die Arbeitszeit und die»Entlohnung ebenso wie bei den männlichen Arbeitern. Sie stehen im Monatslohne und haben Kost und Wohnung. Tann gibt es größere Betriebe, die sich mit besonderen Zweigen der Zuckerbäckerei beschäftigen, wie z. B. die Wafselbäckerei von S. und C., wo männliche Arbeiter sehr wenig zu thun haben. Wir haben Betriebe von etlichen 40 Personen, wo nur ein