Dr. Verkauf: Ist es denn möglich, daß Jemand, der im Sommer schwere ländliche Arbeit verrichtet, im Winter in der Fabrik eine Beschäftigung übernimmt, welche doch eine feinere Hand erfordert? Exp. Eßl: Die Arbeit ist keine feine. Jedes Mädchen, das 2 bis 3 Stunden zuschaut, kann sie erlernen; speciell bei den Pressen ist die Arbeit auch sehr anstrengend; ein generöser Gewerbe-Inhaber beschäftigt zum Durchschlagen einen Mann. Jedoch sind das sehr wenige, indem auf 1500 Arbeiterinnen blos 20 bis 30 Männer kommen.

Dr. Weißkirchner: Es ist doch nicht anzunehmen, daß die Arbeiterinnen bei diesen schlechten Ernährungsverhältnissen 20 Stunden arbeiten können. Vielleicht kommt das nur periodisch vor. Aber eine conti- nuirliche Arbeit von 20 Stunden, das dürfte auf einer Ungenauigkeit beruhen. Exp. Eßl: Die fixe Arbeitszeit beträgt mindestens l ü bis 18 Stunden; 18 bis 20 Stunden sind beim Knnstblumengewerbe selbst hier in Wien etwas Tägliches.

Dr. Schmied land: Kennen Sie diese Verhältnisse aus eigener Anschauung? Waren Sie je in Böhmen? Exp. Eßl: Nein, ich weiß das aber von aus diesen Gegenden eingemanderten Arbeiterinnen.

Wittelshöfer: Das Durchschlagen verrichten also theilweise Männer, welches sind die Frauenarbeiten? Exp. Eßl: Nach dem Durch­schlagen ist das Blatt roh, ganz flach und glatt. Daran wird zunächst von den Frauen der Stengel aufgeklebt, dann kommt es in die Presse, da sind zwei Eisenbestandtheile, zwischen welche das Blatt hineinkommt, und dadurch treten die Rippen des Blattes, wie es in der Natur ist, heraus. Das ist auch eine schwere Arbeit. Bei der Blättererzeugung sind die Frauen sehr anständig gezahlt, weil sie größtentheils per Stück arbeiten. Die Arbeit beim Pressen ist lehr anstrengend, besonders bei größeren Blättern. Mit der linken Hand wird das Blatt Hineingelegt, und mit der rechten wird die Presse zugeschlagen. Wenn das Blatt gepreßt ist, wird es in heißes Wachs oder siedendes Paraffin gelegt und dadurch der Glanz des Blattes erzeugt; dann wird es gestaubt oder gespritzt, hierauf dutzendweise.und dann zu 12 Dutzenden zusammengebunden, und dann ist es fertig. Diese verschiedenen Verrichtungen werden nach dem Principe der Arbeitstheilung besorgt, und zwar von den Frauen. In den Fabriken, wo Blätter und Blüthen erzeugt werden, besorgen auch die Frauen das Ausschlägern Wir haben, wie gesagt, nur 20 bis 30 Männer beschäftigt, während unsere Branche 500 Gewerbe- Inhaber zählt. Bei den Blüthen ist das Ausschläger: bedeuteno leichter, weil das Rohmaterial bedeutend feiner ist, nämlich Leinen, Seide oder feines Papier; diese Arbeit wird deshalb von Frauen gemacht. Dann kommt das Ankleben und das sogenannteKolben", welches mit Handmaschinen besorgt wird. Es sind das Handkolbcn, die auf den Falzen gelegt und durchgepreßt werden. Das ist anstrengender wie die übrigen Arbeiten, weil die Kolben auf Spiritusseuer heißgema'cht und der Stoff damit einzelweise auf der Form plattgedrückt werden muß, was Geläufigkeit erfordert. Die Erwerbung dieser Kunstfertigkeit, so weit, daß man sagen kann, es ist eine geschickte Knnstölumen- macherin, dauert nach meinen geschäftlichen Erfahrungen 10 bis 12 Jahre. Die eigentliche Lehrzeit ist drei Jahre. Nur ein sehr geringer Theil der Lehrmädchen sind wirklich tüchtige Arbeiterinnen; die meisten werden zu Hausarbeiten, Reinigen der Wohnung, Warten der Kinder rc. verwendet.

Wittelshöfer: Gibt es auch Hilfsarbeiterinnen? Exp. Eßl: Die Sache verhält sich folgendermaßen: Ein freigesprochenes Lehrmädchen ist selten eine fertige Blnmenmacherin. In der todten Saison wenden sie sich allen Industriezweigen zu, sogar dem Baugewerbe. Wenn nun zu Be­ginn der Saison Mangel an Arbeiterinnen ist, werden Hilfsarbeiterinnen herangezogen. Diese Hilfsarbeiterinnen werden zu einer fertigen Arbeiterin