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hingesetzt und müssen mit ihr so lange zusammen arbeiten, bis sie halbwegs mithelfen können.

Vorsitzende: Wie ist es mit dem Zusammenstellen der Blüthen und Blätter? Exp. Eßl: Damit ist gewöhnlich nur eine Arbeiterin beschäftigt, welche die geschickteste ist und den besten Geschmack hat. Diese verfertigt aus den Blüthen und Blättern die Guirlanden. Das Zusammenstellen der einzelnen Blnmenbestandtheile wird von allen Arbeiterinnen besorgt. Wenn ein Mädchen Glück hat, so kann sie in ein bis zwei Jahren das Gewerbe so weit erlernen, daß sie znm Zusammenstellen der Blüthenbestandtheile verwendet wird. Da muß man aber berücksichtigen, daß wir verschiedene Kategorien von Blumen haben, die sogenannte Banernwaare, dann l, 2, 3, 4, 5Schrott", wie wir es nennen. Wenn nun eine Arbeiterin bei einer dieser Qualitäten zu lernen begonnen hat und sie kommt dann in ein anderes Geschäft bei einer anderen Qualität znr Verwendung, dann muß sie wieder von Frischem lernen. Die Bauern­waare kann jede bald verfertigen. Die sogenannten Pötzelmacherinnen ver­fertigen den Kern, das kleine Knöspchen in der Blume. Bei Verfertigung von Myrthen und beim Pötzeln, was sehr leichte Beschäftigungen sind, werden viele Hilfsarbeiterinnen beschäftigt. Von den Hilfsarbeiterinnen wird nur ein geringer Theil beständig verwendet. Der Unternehmer hat den Vor­theil von den Hilfsarbeiterinnen, daß er sie schlechter bezahlt und daß er auch leichter welche bekommt als gelernte Arbeiterinnen. Wenn er eine gelernte Arbeiterin dringend braucht, so beansprucht sie natürlich mehr Lohn, und da muß er ihr zusagen, daß er sie wenigstens, bis zum Juni beschäftigt, denn die todte Saison beginnt bei uns zu Pfingsten und dauert bis October. Im October beginnt die Arbeit für Grabkränze. Die Hochsaison ist etwa jetzt im Frühjahr. Für das Pötzelmachen, welches beim Unternehmer eine Massenarbeit und großes Capital bedingt, wird das ganze Jahr gearbeitet.

Dr. Schwiedland: Sie haben also eine Productionstheilung: Gewisse Unternehmer besorgen das Pötzelmachen, andere wieder andere Arbeiten? Exp. Eßl: So ist es.

Vorsitzende: Haben in Ihrem Gewerbe früher Männer die Arbeit verrichtet, welche jetzt Frauen besorgen? Exp. Eßl: Nein, es waren von jeher nur Frauen beschäftigt.

Vorsitzende: Wie alt ist das Kunstblumengewerbe? Exp. Eßl: Nach meinem Wissen 60 bis 80 Jahre.

Vorsitzende: Wie ist das Verhältniß der verschiedenen Kategorien der Zahl nach? Exp. Estl: In meiner Fabrik sind 20 bis 23 Arbeite­rinnen das ganze Jahr beschäftigt. Wir produciren fertige Kränze und der­gleichen. Das Zusammenstellen derselben besorgt nur eine Arbeiterin. Es gibt Fabriken, die 20 Arbeiterinnen beschäftigen und nur zwei zu Hause arbeiten lassen. Dann gibt es aber auch solche, welche 20 Arbeiterinnen in der Werkstätte beschäftigen und 50 bis 80 zu Hause.

Dr. Rauchberg: Sind Hansarbeiterinnen bei den 1400 in der Branche Beschäftigten in Einrechnung gebracht? Exp. Eßl: Nein, die muß man separat berechnen. Es dürsten ihrer vielleicht 400 bis 600 sein.

Dr. Schwiedland: Arbeiten auch schulpflichtige Kinder außer - Hause? Exp. Eßl: Ganz gewiß, das kommt auch bei unserer Branche vor.

Dr. Rauchberg: Wie groß ist die Zahl der Lehrmädchen? Exp. Eßl: Wir haben 1200 bis 1400 Gehilfinnen und etwa 1000 Lehr­mädchen. Dieses Mißverhältniß erklärt sich daraus, daß ein ausgelerntes Lehrmädchen, wie gesagt, keine fertige Blumenmacherin ist und sich deshalb oft einem anderen Gewerbe zuwendet, bis sie sich verehelicht. Dann gehen sie wieder zu ihrem früheren Lehrherrn zurück und übernehmen, um etwas zu verdienen, zu Spottpreisen Arbeiten für zu Hause. Der Lehrherr erspart dabei die Hälfte oder ein Drittel Lohn und außerdem Beleuchtung und Arbeitsranm. Darunter leidet sowohl die Gehilfenschaft, als auch die