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Herrdegen: Die Genossenschaft weist 263 Lehrmädchen ans. Der Stand der Lehrmädchen dürste aber wohl ein bedeutend größerer sein? Exp. Nr. 21: Das weiß ich nicht.

Dr. Verkauf: Sie sagen aber, daß mehr Lehrmädchen gehalten werden, als nach den Genossenschasts-Statuten erlaubt ist? Exp. Nr. 21: Ich weiß, daß Lehrmädchen, welche im vorigen Jahre hätten freigesprochen werden sollen, noch heute nicht freigesprochen sind.

Dr. Verkauf: Werden sie auch nicht aufgedungen? Exp. Nr. 21: Die Frau sagt, sie müssen noch eine Probezeit machen.

Dr. Verkauf: Ist das Hinausgehen über die Probezeit das Häufigere? Exp. Nr. 21: Bon meinem Geschäfte aus weiß ich, daß oft zu den Lehrmädchen gesagt wird:Du kannst noch nicht Alles, was Du können sollst." Das ist eben die Schuld der Frau.

H errdegen: Können Sie angeben, wie viele Lehrmädchen durch­schnittlich in den Betrieben sind? Exp. Nr. 21: In jedem Geschäfte finden sich Lehrmädchen; wie viele, kann ich nicht sagen.

Engel: Wie viele sind überhaupt beim Gewerbe? Exp. Nr. 21: Das weiß ich nicht.

Engel: Das könnten Sie aber aus den Berichten der Krankencassen wissen. Exp. Nr. 21: Wir bekommen nie einen Bericht. Ich bin schon zwölf Jahre dabei und habe noch nie einen bekommen.

Dr. Verkauf: Haben Sie eine Genossenschafts-Krankencasse? Exp. Nr. 21: Ja!

Dr. Verkauf: Von wem wird sie geleitet? Exp. Nr. 21: Von einem gewissen Huber.

Dr. Verkauf: Haben Sie Einblick in die Krankheitsverhältnisse? Exp. Nr. 21: Ich weiß nur, daß wir nichts bekommen. Ich kann daher weder Zahlen, noch einen Durchschnitt angeben.

Vorsitzende: Was lernen die Lehrmädchen in der Regel? Exp. Nr. 21: Im ersten Jahre machen sie sehr wenig. Sie bekommen da die Federn zum Schneiden. Wenn sich das Mädchen dazu schickt, kann sie im ersten Jahre noch weitere Fortschritte machen. Aber die Mädchen wollen ini ersten Jahre nicht recht sitzen, denn es ist ihnen nicht ernst mit der Arbeit. Im dritten Jahre kann sie schon eine tüchtige Arbeiterin sein.

Vorsitzende: Hat die Arbeiterin Zeit, das Lehrmädchen an­zuleiten ? Exp. Nr. 21: In besseren Geschäften schon. In schlechten Geschäften müssen die Mädchen den ganzen Tag aus der Gasse sein und mit den Waaren hausiren gehen. Etwas müssen sie freilich können. Aber das Allgemeine und Praktische können sie nicht.

Engel: Was nennen Siehausiren geheill? Exp. Nr. 21: Sie gehen zu den Modistinnen und bieten die Waare an.

Vorsitzende: Ich bitte nunmehr die Exp. Nr. 22, uns über die Herstellung der Straußfedern Auskunft zu geben. Exp. Nr. 22: Ich bin 27 Jahre beim Geschäfte. Die Straußfedern werden auf eine Schnur ge­bunden und kommen dann zum Färben. Früher hat man sie selbst gefärbt.

Vorsitzende: Warum jetzt nicht mehr? Exp. Nr. 22: Man kann es selbst nicht so billig herstellen wie die Färber. Dann werden die Federn aufgeschlagen, getrocknet, sortirt, dann werden sie genäht, gedunstet und gekraust. Die meisten Federn werden zusammengestückelt. Es sind oft acht bis zehn Stück. -- Exp. Nr. 21: Das Krausen ist sehr ungesund. Das Krausen geschieht so, daß die Federn mit einem halbscharsen Messer aus­gezogen werden. Dabei lösen sich ganz kleine Härchen ab und bleiben in der Luft. Dadurch entsteht die Tuberkulose.

Vorsitzende: Dann ist die Feder fertig? Exp. Nr. 22: Ja. Zum Kräuseln^ gehört eine sehr geschickte Hand.