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Exp. Nr. 21 (über Befragung^: Ich war nur-fünf Tage dort. Damals waren 60 bis 70 Arbeiterinnen. Jetzt soll das Geschäft vergrößert sein. Lehrmädchen waren ziemlich viel; ich habe sie nicht gezählt, etwa halb so viel wie Arbeiterinnen, vielleicht 20 bis 30 Lehrmädchen.

Vorsitzende: Haben Sie erfahren, ob die Arbeit das ganze Jahr geht? Exp. Nr. 23: Es ist auch Saisonarbeit, aber die besseren Arbeiterinnen dürfen nicht aussetzen. Das trifft immer die Hilfsarbeiterinnen. Es sind etwa 20 bessere Arbeiterinnen. Die Kranzwinderinnen sind extra. Auch die Blumenarbeiterinnen sind von den Federnarbeiterinnen abgetheilt. Es ist ein sehr großer Saal und in der Mitte eine Bretterwand; da sind auf der einen Seite die Blumenmacherinnen, aus der anderen die Federn- schmückerinnen. (Ueber Befragen der Vorsitzenden.) Ich bin gelernte Federn- schmückerin. Es wird auch Arbeit außer Hause gegeben, und zwar auch an solche Personen, die nicht Arbeiterinnen sind, und in der Saison mehr. Die angestellten Arbeiterinnen brauchen keine Ueberstunden zu machen. Dafür wird die Arbeit außer Hause gegeben.

Vorsitzende: Wie viel! hat man jeden Tag machen müssen? Exp. Nr. 23: Je nachdem, als sie mitnimmt. Das hängt von ihrem freien Willen ab. Sie müssen oft bis 12, I und 2 Uhr arbeiten. Die Arbeiterinnen sind meist Wienerinnen, und zwar aus besseren Häusern, früher waren sie meist aus Böhmen. Die meisten sind aus besseren Arbeiterfamilien, von kleinen Gewerbetreibenden, auch Beamtenstöchter, Lehrerstöchter und Beamtensfrauen. Exp. Nr. 21: Unsere Directrice ist eine Beamtenssrau.

Vorsitzende: Wie war die Arbeitsvermittlung? Exp. Nr. 23: Durch die Genossenschaft oder durch die Zeitung. Die große Fabrik, in der ich war, bezog ihre Arbeiterinnen durch die Zeitung. Exp. Nr. 22: Die hat auch auf den Planken placatirt. Exp. Nr. 23: Ich bin durch die Zeitung hingekommen, durch dasNeue Wiener Tagblatt". Ich arbeite jetzt zu Hause Straußfedern, und zwar ganz allein. Die Entlohnung geschieht per Dutzend. Ich verdiene fl. 6 bis 7 wöchentlich, mache aber die häuslichen Arbeiten nebenbei, wie Kochen, Aufräumen. Nachmittags arbeite ich von 2 bis 8 oder 9 Uhr, nicht länger. Ich habe keine Kinder, Nachmittag koche ich keinen Kaffee, Sonntag arbeite ich nicht, auch in der Saison nicht.

Dr. Verkauf: Waren Sie auch in anderen Betrieben? Expertin Nr. 23: Ja, in kleineren und größeren.

Dr. Verkauf: Sind die Verhältnisse nach der Größe der Betriebe verschieden während und nach der Saison? Exp. Nr. 22: In den größeren Betrieben bleiben die meisten Arbeiterinnen das ganze Jahr. In den kleineren wird eine Anzahl entlassen. Die Herbstsaison ist stärker als die Frühjahrssaison. Die Herbstsaison beginnt im Juli und dauert bis No­vember, dann kommt die Musterzeit bis nach Weihnachten, und dann beginnt die Frühjahrssaison, die bis Ostern dauert.

Dr. Verkauf: Was geschieht mit den Arbeiterinnen, die entlassen werden? Werden die Hausarbeiterinnen für größere Geschäfte? Expertin Nr. 22 : Sie beschäftigen sich mit anderen Arbeiten.

Dr. Verkauf: Kommt es vor, daß Fabriksarbeiterinnen zu Ihnen kommen? Exp. Nr. 22: Das kommt auch vor. Zu minderen Arbeiten kann man sie ja brauchen.

Dr. Verkauf: Werden diese Arbeiten nicht von Lehrmädchen gemacht? Exp. Nr. 22: Es sind oft nicht so viele da.

Dr. Verkauf: Wenn ich da den Schluß ziehen sollte, so könnte ich folgern, daß nur die Hilfsarbeiterinnen entlassen werden, während die gelernten Arbeiterinnen und die Lehrmädchen bleiben. Exp. Nr. 22: Sie müssen aussetzen.

Dr. Verkauf: Was heißt das? Exp. Nr. 22: Sie bekommen keinen Lohn und kommen nicht in's Geschäft.