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halten? Exp. Nr. 22: Es soll auf jede Arbeiterin ein Lehrmädchen kommen.

Dr. Verkauf: Wird das eingehalten? Exp. Nr. 22: Nein. Ich kenne Geschäfte, wo acht Lehrmädchen sind und gar keine Arbeiterin.

Dr. Verkauf: Wer macht dann die schwierigeren Arbeiten? Exp. Nr. 22: Es find auch Lehrmädchen dort, die schon im dritten Jahre sind.

Dr. Verkaus: Sind die fähig, diese Arbeiten zu machen? Expertin Nr. 22: Ja, wenn sie sich zusammennehmen.

Dr. Verkauf: Wer ertheilt ihnen den Unterricht? Exp. Nr. 22: Die Frau.

Dr. Verkauf: Dann sagen Sie mir etwas über den Lohn der Lehrmädchen. Was erhält ein Lehrmädchen beim Eintritte? Exp. Nr. 22: Das ist nicht gleich; 70 kr., allenfalls mit der Kost, oder fl. U50 ohne Kost. Ein ordentlicher Lehrmeister gibt fl. 2 per Woche, ohne Kost.

Dr. Verkauf: Was haben die für Arbeiten in den ersten drei Monaten? Exp. Nr. 22: Federn zusammenbinden.

Dr. Verkauf: Da kann man ja nicht erfahren, ob sie für das Geschäft tauglich ist? Exp. Nr. 22: Eigentlich ist sie ja nicht als Lehr­mädchen aufgenommen, sondern als Lanfmädchen.

Dr. V erkauf: Bekommen sie nach drei Monaten keine Aufbesserung? Exp. Nr. 22: Der Lohn dauert ein ganzes Jahr.

Dr. Verkauf: Wenn sie sich das Technische aneignen soll, so muß es ihr doch Jemand zeigen? Exp. Nr. 22: Die Arbeiterinnen sollen sich mehr um sie annehmen. Das ist aber ein Uebel, daß sich die Arbeiterinnen nicht annehmen.

Dr. Verkauf: Haben denn die dazu Zeit? Exp. Nr. 22: Oja! Es ist den Herren zwar nicht angenehm, das ist schon wahr. Ich war im ersten Jahre Dienstbote. Vielfach werden die Mädchen zum Reiben, Waschen und Kochen oder anderen Dingen verwendet. Im zweiten Jahre kommen die Mädchen zum Tisch, aber noch nicht viel.

Dr. Verkauf: Sie können also zusehen? Exp. Nr. 22: Jedenfalls können sie etwas lernen. Sonst werden sie ewig nichts. Der Lohn steigt im zweiten Jahre um 20 bis 30 kr. pro Woche.

Dr. Verkauf: Zu welchen Arbeiten werden sie im zweiten Jahre verhalten? Exp. dir. 22: Zu leichteren. Im dritten Jahre sollen sie schon etwas können. Da wird ihnen die Arbeit vorgegeben, und sie müssen so und so viel pro Tag machen.

Dr. Verkauf: Sind die Zumuthnngen übermäßige? Exp. Nr. 22 : Sie sollen so viel können wie eine Arbeiterin, die schon im vierten oder jünften Jahre ist. Die Arbeit wird ihr vorlegt, und die muß bis zur Post fertig werden.

Dr. Verkauf: Und wenn sie nicht fertig wird? Exp. Nr. 22: Tann gibt es Strafen. Sie muß da bleiben oder muß am Sonntag die Arbeit einholen.

Dr. Verkauf: Um wie viel steigt der Lohn im dritten Jahre? Exp. Nr. 22: Sie haben fl. 2'60 bis 3 ohne Verpflegung.

Dr. Verkauf: Pflegen die Mädchen, wenn sie ausgelernt haben, im Betriebe zu bleiben? Exp. Nr. 22: Die meisten werden entlassen.

Dr. Verkauf: Es ist doch nicht anzunehmen, daß man in den meisten Betrieben die eigenen Lehrmädchen nicht behält. Exp. Nr. 22: Sie bleiben aber nicht.

Dr. Verkauf: Kommt es vor, daß sie zu anderen Berufen über­gehen? Exp. Nr. 22. Auch das. Ich habe ein Tienstmüdel, welches früher Federnschmückerin war.

Dr. Verkauf: Kommt auch Stückarbeit vor? Exp. Nr. 22: Nur außer Hause und bei der Straußarbeit, dann bei Straußfächern.