85
natürlich für die Arbeiter ein Nachtheil war. (Ueber Befragen seitens des Vorsitzenden.) Für die ganze Fabrik find zwei Aborte für über 200 Arbeiter, einer für Männer, einer für Frauen. In den Arbeitsräumen schläft Niemand. Die Wände schauen aus wie ein Rauchfangkehrer. Ich kann mich erinnern, daß sie während der 11 Jahre einmal gereinigt wurden. Der Fußboden ist ein Ziegelboden. Einmal am Tage wird gekehrt, und zwar von einem Arbeiter, der diese Arbeit in einer Üeberstnnde verrichtet. Es ist nur trocken zusammengekehrt worden. — Exp. 8 : Feucht darf es nicht abgekehrt werden, weil das eine Feuersgefahr hervorrufen würde, wenn der ungelöschte Kalk mit dem Wasser zusammenkommen würde.
Dr. Verkauf: Wer wäscht denn die Objecte? — Exp. Nr. 24: Wir selbst.
Dr. Verkauf: Wie oft werden die Fenster geputzt? — Exp. Nr. 24: Alle acht Tage; weil das nichts kostet, so kann es häufig geschehen.
Vorsitzender: Gibt es in Wien Vocale, welche in Kellern gelegen sind ? — Exp. 8: Ja, es gibt eine kleine Zahl von Kleinbetrieben, welche auch in Kellern arbeiten.
Exp. Nr. 24 (über Befragen des Vorsitzenden): In einem solchen, wo wir zu 30 arbeiteten, waren Frauen und Männer gemeinsam. Frauen waren sowohl ledige wie verheiratete.
Vorsitzender: Waren alte Arbeiterinnen dabei? — Expertin Nr. 24: Ja.
Vorsitzender: Was nennen Sie alte Arbeiterin ?— Exp. Nr. 24: Na, die verheiratet sind. Es waren dort einige über 30 Jahre und eine, die schon über 00 war. Es kommt das wohl selten vor, nur in der großen Fabrik, sonst weiß ich einen solchen Fall nicht. Dort war noch eine Schwester dieser Arbeiterin, die hat nichts mehr gesehen, war arbeitsunfähig und ist in's Packmagazin gekommen und bekommt als Pension fl. 4 wöchentlich, das ist aber eigentlich keine Pension, weil sie arbeiten muß. Sie ist über 30 Jahre im Geschäft. Wenn eine Arbeiterin aber noch nicht lange im Geschäft war und arbeitsunfähig ist, so wird sie einfach entlassen.
Vorsitzen der: Wohin geht sie denn da? — Exp. Nr. 24: Das kann ich im Allgemeinen nicht sagen. Aus einen speciellen Fall kann ich mich erinnern, wo eine Arbeiterin der Riemen erwischt und ihr die Hand gebrochen hat. Sie kam in's Spital, und als sie herauskam —damals war noch keine Unfallversicherung — hat ihr der Fabrikant monatlich fl. 3 als Entschädigung gegeben; natürlich mußte sie sich trotzdem eine andere Beschäftigung suchen.
Vorsitzender: Kommt es vor, daß die Vorgesetzten Anforderungen an die weiblichen Arbeiter stellen, welche sich nicht gehören, und zwar in der Form, daß ein Zwang aus die Arbeiterin ausgeübt wird, so daß sie riskirt, entlassen zu werden? — Exp. Nr. 24: Das kommt sehr häufig vor, das war auch bei mir der Fall. Ich wurde von einer Arbeit zur anderen gegeben; ich habe mir nichts verdienen können, und weil ich das nicht wollte, was er wollen hat, so bin ich entlassen worden.
Dr. Verkauf: Haben Sie eigene Arbeitskleider? — Exp. Nr. 24: Ja, man muß sich umziehen. Seit kurzer Zeit ist in der großen Fabrik ein Kasten, wo die Arbeitskleider drinn sind. Man zieht sich in der Werkstätte um, wo auch Arbeiter anwesend sind.
Dr. Verkauf: Wie sind Sie bei der Arbeit gekleidet ? — Exp. Nr. 24: Wir haben Jacken mit kurzen Aermeln, so daß die Arme entblößt sind. (Ueber Befragen des Vorsitzenden.) Ich bin Unfalls- und krankencasse- versicherungspflichtig. Ich habe für zwei Kinder zu sorgen, wovon eines in meiner Wohnung ist, das andere in der Kost. Dafür muß ich sorgen.
Dr. Verkauf: Wie steht es mit der Organisation? - Exp. Nr. 24: In der Fabrik, in der ich war, weiß Niemand etwas von der Organisation,