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Dr. Rauchberg: Die Schleifen werden zusammengeklebt? — Expertin Nr. 41: Zuerst werden sie gefalzt und dann mit Leim bestrichen. Der Leim trocknet schnell. Dann werden sie aufgerieben. Den Leim müssen wir schlecken. Manche Schleifen kann man mit dem Schwamm naß machen, das Schlecken kommt aber sehr oft vor, denn da geht's geschwinder. Das Federweiß ist von der Glänzmaschine. (Auf Befragen.) Die Arbeitszeit ist von 7 bis 6 Uhr. Mittags haben wir eine Stunde Pause. Frühstücks- und Jausenzeit haben wir nicht.
Pernerstorfer: Kommt es nicht vor, daß so ein Packerl Papier bei der Arbeit zerreißt? — Exp. Nr. 41: Wenn es schlecht ist, müssen wir es zerreißen, weil wir es nicht einpacken dürfen. Die Arbeit wird uns dann nicht vergütet.
Dr. Schriller: Wird die Mittagspause eingehalten? — Exp. Nr. 41: Manchmal arbeiten wir weiter, damit wir mehr verdienen, namentlich wenn wir schlechtere Arbeit haben.
Vorsitzender: Was ist das, eine schlechtere Arbeit? — Exp. Nr. 41: Die um 4 kr. ist die bessere Arbeit, die um 3 und 2 kr. ist die schlechtere.
Herrdegen: Schlecken Sie aus eigenem Antriebe? Werden Sie vorn Unternehmer dazu aufgefordert, oder sagt er nicht: das Schlecken ist nicht erlaubt? — Exp. Nr. 41: Das hat er nicht gesagt. Wenn man nicht schleckt, so trocknet der Leim sehr schnell, und dann springen die Schleifen oft ynf, und wenn die Schleifen aufspringen, gehen sie zurück, und wir bekommen nichts dafür.
Herrdegen: Verletzen Sie sich da nicht beim Schlecken? — Exp. Nr. 41: Die Lippen springen auf. «Ueber Befragen.) Das Arbeitslocal ist im zweiten Stock und hat 13 Fenster auf jeder Seite. Es ist Doppellicht. Wir haben einen Werkführer, der oft sehr flegelhafte Ausdrücke gebraucht. Er vergibt die Arbeit. Wenn man etwas sagt, was ihm nicht recht ist, gibt er Einem schlechte Arbeit. Den Mädchen stellt er nicht nach. Ich wohne bei meinem Bruder und zahle 70 kr. pro Woche. Zu unterstützen habe ich Niemanden. Die Familie meines Bruders besteht aus drei Personen. Er hat Zimmer und Küche und zahlt st. 8'30 Zins. Die Küche ist sehr klein. Wir haben zwei Betten. Ich schlafe am Divan. Ich bin bei der Arbeiter-Krankencasse versichert.
Dr, Ofner: Kommen bei Ihnen Krankheiten vor? — Exp. Nr. 41: Es sterben sehr Viele an Lungenkrankheiten. — Exp. Nr. 42 (über Befragen des Vorsitzenden): Ich bin in demselben Betriebe. Ich mache die Etiquetten auf die Büchel. Für 60 Büchel bekomme ich einen Kreuzer, für 100 Schachteln zu 30 Bücheln werden 80 kr. bezahlt. Ich verdiene wöchentlich fl. 4 bis fl. 4'50. Ich bin aber schon die geschwindeste Arbeiterin. Die Etiquetten werden mit Kleister aufgeklebt. Ich bin seit 15 Jahren immer in demselben Betriebe und bei derselben Arbeit. Ich bin gleich nach Stück bezahlt worden, habe aber früher weniger verdient. Höher als auf fl. 4'50 komme ich nicht. Nach Hause nehmen wir keine Arbeit. Es gibt bei uns Lehrmädchen, die 14 Tage oder drei Wochen lernen und während der Zeit fl. 3 pro Woche bekommen. Nach Stück bekämen sie vielleicht fl. 1/70. Mein Mann ist Tischler und verdient fl. 8 bis 9 wöchentlich. Wir haben eine Kammer im X. Bezirk, für welche wir fl. 6 zahlen. Die Kammer hat einen Eingang vom Gang aus und ein Fenster in den Hof. Wir wohnen allein. Zu Mittag esse ich vom Gasthaus, am Abend mit meinem Mann zusammen. Meistens koche ich am Abend etwas. An Feiertagen koche ich Fleisch. Kinder haben wir nicht. Ich habe wohl zwei Kinder gehabt, sie sind aber gestorben. Ich hatte sie bei meiner Mutter in der Kost und habe monatlich für ein Kind fl. 8 gezahlt.
Exp. Nr. 43 (über Befragen seitens des Vorsitzenden): Ich mache Cigarettenhülsen. Die Fabrikation geschieht auf folgende Weise: Wir be-