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ein solches Stück wiederholt aufgemacht und geändert werden. Die eigentliche Saison ist vom halben Februar bis Ostern. Die Winterware dagegen wird vom Juli, August an erzeugt, und das dauert bis Allerheiligen. In der todten Saison verlegen sich die Arbeiterinnen vielfach aus andere Geschäfte. Es gibt auch Viele, die zu Hause pfuschen.

Vorsitzender: Wie ist die Arbeitsvermittlung? Exp. L: Meist durch die Zeitung. Es gibt auch eine officielle Arbeitsvermittlung, die jedoch nicht benutzt wird.

Dr. Ofner: Muß eine Arbeiterin die ganze Woche arbeiten, um zehn Stück fertigzumachen? Exp. L: Manche ja, manche macht ein bis zwei Stück mehr.

Dr. O fner: Wie lange arbeitet sie zu Hause? Exp. L: Es gibt verheiratete Frauen, die auf den Verdienst mehr anstehen, die müssen dann die halbe Nacht arbeiten, um auf fl. 6 zu kommen.

Dr. Ofner: Mehr als fl. 6 kann sie nicht verdienen? Exp. L: Nein. Es ist das schon ein seltener Fall.

Wittelshöfer: Hat sich der Lohn von 45 kr. im Laufe der Zeit geändert? Exp. L: Der ist schon seit langer Zeit. Es wird aber immer schlechter. Früher waren 50 und 55 kr., heute geht man aber schon aus 40 kr. herunter.

Wittelshöfer: Trägt da nicht die Mode dazu bei, indem das Fertigmachen der Jacken leichter geworden ist? Exp. L: Im Gegentheil. Früher war die Arbeit leiwter.

Wittelshöfer: Wird jetzt etwas mit der Maschine gemacht, was früher mit der Hand gemacht worden ist? Exp. L: Das ist ziemlich gleichgeblieben.

Vorsitzender: Wie kommt es, daß die Löhne zurückgehen? Exp. L: Weil zu viel Leute da sind.

Vorsitzender: Wie ist das Arbeitslocal bei dem Stückmeister gewesen? Exp. : Es hatte zwei Fenster und war licht genug, denn es sitzen Alle beim Fenster, Einer neben dem Anderen. Die Mehrzahl hat sich das Essen mitgenommen oder vom Greisler gekauft. Jene, die in der Nähe wohnen, gehen nach Hause. Einige sind verheiratet. Viele bleiben aber während der Mittagspause im Local.

Dr. Ofner: Schläft der Meister im Arbeitslocal ? Exp. L: Ja, denn es gibt Werkstätten, die nur aus Zimmer und Küche bestehen.

Vorsitzender: Beschafft sich Jeder die Kost selbst? Exp. L : Ja.

Wittelshöfer: Kommt es vor, daß das Arbeitslocal, wo geschlafen wird, von Früh bis Abends von den Leuten nicht verlassen wird? Exp. L: Das kommt oft vor. Wenn man hinkommt, sind die Betten noch offen. Im Sommer wird wohl gelüftet, im Winter aber selten, weil meistens sehr schwach geheizt ist. Gekocht wird nicht in demselben Local. Oft wird auch in der Küche gebügelt.

Dr. Schwiedland: Wie ist es, wenn da ein Kind krank ist? Exp. L: Das liegt auch im Zimmer. Ich habe bei einem Meister gearbeitet, da ist in demselben Raume, wo wir gearbeitet haben, auch dessen Schwieger­vater, ein 70jähriger Mann, krank gelegen. Bei dem alten Mann ist Alles weggegangen. In dem Local waren acht bis neun Arbeiterinnen.

Dr. Bi- ez i na : Kommt es vor, daß in einem solchen Raume auch Kinder geboren werden? Exp. L: In demselben Raum nicht.

Dr. Ofner: Wie sieht es mit der Reinlichkeit aus? Exp. L: Sehr schlecht. Gerieben wird sehr selten, hie und da wird ausgewaschen. Die Abfälle bleiben bis zum Abend liegen, dann kehrt die Meisterin aus. Aufgerieben wird nur alle 14 Tage oder drei Wochen.

Vorsitzender: Sind Sie versichert? Exp. L: Ja. Es sind aber bei dieser Branche die wenigsten versichert, weil die meisten keine