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Die Arbeits- und Lebensverhältnisse der Wiener Lohnarbeiterinnen : Ergebnisse und stenographisches Protokoll der Enquete über Frauenarbeit, abgehalten in Wien vom 1. März bis 21. April 1896
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gearbeitet wird, wo also eine sehr schlechte Bezahlung ist. Tort sragt man nicht um ein Arbeitsbuch, man nimmt da auch Dienstmädchen.

Vorsitzender: Waren Sie im Accord? Exp. Nr. 48: Ja. In der Wintersaison haben wir wattirte Radmäntel gemacht. Für das Wattesteppen war eine eigene Arbeiterin. Man hat für einen ganzen Mantel fl. 1 und für einen Mantel mit Pelerine fl. 1'10 bekommen. Wenn eine Arbeiterin fleißig war, so hat sie meistens am Abend Arbeit mit nach Hause genommen. Ich habe in der Woche fl. 6 verdient, da habe ich aber von

7 Uhr Früh bis 7 Uhr Abends gearbeitet. Jede Arbeiterin hat getrachtet, in einem Tag einen Mantel fertigzumachen. Znm Staffiren und Aus­fertigen hat man die Arbeit Abends mit nach Hause genommen, und da hat man oft noch drei bis vier Stunden zu thun gehabt.

Vorsitzender: War Ihnen vorgeschrieben, daß Sie fertig werden müssen? Exp. Nr. 48: Die Meisterinnen haben niemand gezwungen, aber man hat gesagt, wenn eine weniger verdient, so versitzt sie nur unnöthig den Platz.

Vorsitzender: Sie sagen, die Heimarbeiterinnen haben ihre eigenen Maschinen. Bekommen die mehr bezahlt dafür, da sie doch mehr Auslagen haben? Exp. Nr. 48: Nein, die bekommen geradesoviel.

Vorsitzender: Was haben die Männer verdient ? Exp. Nr. 48: Für dieselbe Arbeit haben sie um 10 kr. mehr bekommen.

Vorsitzender: Haben Sie ebenso schnell gearbeitet? Expertin dir. 48: Oft haben die Mädchen schneller gearbeitet als die Mäner. Auch haben sich die Männer keine Arbeit nach Hause genommen.

Vorsitzender: Welche Arbeitspausen hatten Sie? Exp. Nr. 48: Eine Stunde Mittagspause. Einige Mädchen sind nach Hause gegangen, die anderen sind in der Werkstätte geblieben, sonst waren keine Pansen. Abzüge hat es nicht gegeben. Wenn Jemand etwas verdorben hat, mußte er es ersetzen.

Vorsitzender: Wie ist der Schaden berechnet worden? Exp. Nr. 48: Es ist ein frischer Stoff gekauft worden, und der Preis dafür wurde abgezogen.

Dr. Ofner: Wie viel haben Sie sich in der Woche verdient, wenn Sie keine Arbeit nach Hause genommen haben? Exp. Nr. 48: fl. 4 bis fl. 4'50.

Dr. Ofner: Wie lange waren Sie in der stillen Zeit zu Hause?

Exp. Nr. 48: Vier bis fünf Monate im Jahre.

Dr. Schwiedland: Wie sind Ihre gegenwärtigen Verhältnisse als lohnwerkende Hausschneiderin? Exp. Nr. 48: Wenn ich immer zu thun hätte, möchte ich gar keine andere Arbeit.

Dr. Schwiedland: Gibt es auch da eine Saison? Expertin Nr. 48 : Wenn die Damen auf dem Lande sind, ist weniger zu thun.

Dr. Schwiedland: Gehören Sie auch jetzt einer Krankencasse an?

Exp. Nr. 48: Ja.

Dr. Schwiedland: Welche Bezahlung bekommen Sie jetzt? Exp. Nr. 48: Die Kost und 80 kr. bis fl. 1.

Vorsitzender: Für wen arbeiten Sie? Exp. Nr. 48: Für zwei Professorsgattinnen und eine Doctorsgattin. Die Arbeitszeit ist von

8 Uhr Früh bis 7 Uhr Abends.

Dr. Maresch: Welcher Unterschied besteht in der Entlohnung zwischen den gelernten Arbeiterinnen und denjenigen, von denen man sagen kann, daß sie gleichsam von der Straße genommen werden? Expertin Nr. 48: Da wird gar kein Unterschied gemacht.

Vorsitzender: Wird an Sonn- und Feiertagen gearbeitet? Exp. Nr. 48: In der Saison sehr oft. Weil es aber jetzt mit der Sonn-