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Dr. Riedl: Sind bei den älteren Arbeiterinnen die Augen sehr geschwächt? Exp. Wawruschka: Bei diesen kommen Augenschwäche, meistens Nervenschwäche und auch andere Krankheiten vor. Das kommt von der Ueberanstrengung.

Expertin Nr. 49 (über Besragen seitens des Vorsitzenden): Ich habe in einem Kleidersalon in der Stadt gearbeitet und war bisher immer bei den Schößen. Die besseren Arbeiterinnen müssen aber jetzt diese Arbeit aufgeben, weil man viel billigere Arbeitskräfte für diese Arbeit findet. Ich habe ge­funden, daß es Mädchen gibt, die sich für 00 kr. für diese Arbeit verdingen. Ich bin jetzt bei der Confection bei einem Stückmeister. Es geht aber auch nicht. Ich war früher sehr gut bezahlt. Ich war Trousseurin und habe fl. 35 und die ganze Verpflegung gehabt. Jetzt hat sich das aber außer­ordentlich verschlechtert.

Vorsitzender: Worin hat die Verpflegung bestanden? Expertin Nr. 49: Frühstück, Gabelfrühstück, zu Mittag Suppe, Fleisch, Gemüse, Abends meist Braten. Auch Jause bekamen wir. Zum Gabelfrühstück waren meist Würstel, Eier u. s. w.

Vorsitzender: Wo war der Salon? Exp. Nr. 49: Das war nicht in Wien, sondern in einer Provinzhanptstadt. Ich war auch in Wien und war auch da zufrieden. Und jetzt sollte ich in einem ersten Wiener Salon eintreten, aber für 40 kr. gehe ich nicht.

Vorsitzender: Hat man da die Kost? Exp. Nr. 49: Gar nichts. Es gibt eben viele Mädchen, die auf den Verdienst nicht angewiesen sind; die haben nach dem Geschäfte ihre Verehrer und stehen auf den Lohn nicht an.

Vorsitzender: Glauben Sie, daß das der Salonbesitzer ausnützt? Exp. Nr. 49: Gewiß. Solche Löhne hat es vor sechs Jahren noch nicht gegeben. Ich war jetzt in einem Confectionsgeschäfte, da bin ich jetzt wöchentlich nicht mehr höher als auf fl. 2 gekommen. Ich bin ausgetreten, weil der Herr keine Arbeit hat, und jetzt habe ich mich für einen böhmischen Curort engagiren lassen. Da bekomme ich fl. 1'00 täglich, dann Wohnung und Verköstigung, aber die Reise muß ich mir selbst zahlen. Ich komme als Schoßmacherin hin.

Dr. Osner: Was haben Sie früher bekommen? Exp. Nr. 49: fl. 1-30.

Dr. Osner: Wie lange? Exp. Nr. 49: Nur ein Jahr.

Dr. Ofner: Und darnach ? Exp. Nr. 49 : Dann sind die billigeren Kräfte gekommen, und die Folge davon war, daß ich nur fl. 1 bekommen habe und später nur 80 kr.; das ist schon zwei Jahre her.

Vorsitzender: Wo haben Sie gelernt? Exp. Nr. 49: Bei einem Fräulein. Ich war auch anfangs in einem Salon in Wien, da habe ich nur 30 kr. bekommen, weil ich nicht so tüchtig war. Dann bin ich wieder in einen feinen Salon gekommen.

Vorsitzender: Warum sind Sie weggegangen? Exp. Nr. 49: Weil der Vater schon sehr alt ist und er mich gebeten hat, nach Hanse zu kommen.

Vorsitzender: Was bekommen Sie jetzt? Exp. Nr. 49: Ich muß sehr fleißig sein, wenn ich zwei Krägen machen will; da bringe ich es auf fl. 4 bis 5 pro Woche.

Vorsitzender: Wie lange arbeiten Sie da? Exp. Nr. 49: Elf Stunden. Ich werde nämlich per Stück bezahlt.

Vorsitzender: Wie viel verdienen sich die besten Arbeiterinnen bei dieser Arbeit? Exp. Nr. 49: fl. 8 bis 10.

Vorsitzender: Auch in elf Stunden? Exp. Nr. 49: Die müssen sich Arbeit nach Hanse nehmen und bis 2 oder 3 Uhr arbeiten.