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Dr. Schwiedland: Wie kommt es, daß Keine zwischen 30 und 39 Jahren da ist? Exp. Nr. 54: Viele heiraten und müssen dann nicht in's Geschäft gehen.

Dr. Schwiedland: Nimmt die Leistungsfähigkeit nach einem gewissen Alter ab? Exp. Nr. 54: Ja. Die Sehkraft leidet. Die Aelteste bei uns leidet an Rheumatismus.

Dr. Schwiedland: Sie bekommt aber doch einen hohen Lohn?

Exp. Nr. 54: Ja, sie bleibt beim Lohn.

Vorsitzender: Wie ist es denn mit den Aborten bestellt? Exp. Nr. 54: Es ist ein Abort für Männer und Frauen zusammen und der wird reingehalten.

Vorsitzender: Kommt es öfter vor, daß die Mädchen noch für Eltern oder Geschwister zu sorgen haben? Exp. Nr. 54: O ja.

Vorsitzender: Wie kommen sie denn in der schlechten Zeit aus?

Exp. Nr. 54: Da müssen wir uns sehr stark einschränken.

Dr. Ofner: Was verstehen Sie darunter? Exp. Nr. 54: Wenn uns die Geldmittel nicht ausreichen, sind wir gezwungen, Jemanden anzusprechen, daß er uns das Geld borgt, und wir zahlen es dann wieder zurück, wenn wir etwas verdienen. »Ueber Befragen der Herren Doctor Brezina und Dr. Rauchbe r g.) Für die Wohnung zahlen wir fl. 7; es ist ein Cabinet, direct vom Hausherrn genommen, vom Gang aus separirter Eingang, sonst schläft Niemand darin.

Vorsitzender: Wie ist es denn mit den Vergnügungen bestellt, können Sie diese mitmachen? Exp. Nr. 54: Höchstens manchmal für 30 kr. in ein Theater. Bei den anderen Colleginnen, die nicht noch einen Zuschuß von anderer Seite haben, kommt das gar nicht vor. Ausflüge kommen nie vor. (Ueber Befragen des Vorsitzenden.» Ich gehöre der genossenschaftlichen Krankencasse an, auch dem Fachverein.

Dr. Schwiedland: Lesen Sie dieArbeiterinnen-Zeitung" oder überhaupt socialdemokratische Organe? Exp. Nr. 54: Ja.

Wittelsh öser: Haben Sie auch mit den Kunden zu thun? Exp. Nr. 54: Im Salon haben die Arbeiterinnen auch Verkehr mit den Kundschaften, denn wenn die Dame zum Probiren kommt, so muß ich hin­gehen und ansehen, ob etwas fehlt. Dabei sind wir selbstverständlich ver­pflichtet, besser gekleidet zu sein, und da entstehen auch größere Auslagen für die Kleidung.

Dr. Brezina: Können Sie beiläufig sagen, wie viel Ihre Kleidung im Jahre kostet? Exp. Nr. 54: Ich mache mir im Jahre ein Kleid, und das kostet mich fl. 7 bis 8.

Dr. Bi-ezina: Und die Wäsche? Exp. Nr. 54: Die Mutter wäscht.

Exp. Nr. 53: Ich möchte noch bezüglich der Arbeitsvermittlung etwas sagen. Die Arbeitsvermittlung durch die Zeitung ist eine sehr schlechte. Ich möchte als Salonschneiderin Unterkunft finden, und vor 14 Tagen ist mir Folgendes passirt: Ich wollte mich in einem größeren Salon in der Stadt vorstellen. Die Dame hat vergessen, in der Annonce zu sagen, daß man um 10 Uhr hinkommen solle, da sind einige Mädchen schon um Uhr hingekommen. Um H-.8 Uhr bin ich gekommen, da waren 30 bis 40 Mädchen da. Um '/ü9 Uhr waren Alle versammelt. Jetzt hat die Dame erst bekannt gegeben, daß sie um 10 Uhr zu sprechen ist; wir mußten fortgehen, die Mädchen sind wieder gekommen, ich bin aber nicht mehr hingegangen, denn wenn die Dame so viel Mädchen sieht, so übt das einen Druck auf den Lohn aus. Die vorige Woche ist mir in einem Salon wieder Folgendes passirt: Ich habe gesagt, daß ich fl. 1'50 pro Tag bekomme. Die Frau wollte eine Arrangeurin haben. Ich habe nur einen Tag gearbeitet, denn sie hat eine Zweite aufgenommen, die auch Arrangeurin war, die nur