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fl. 1'30 verlangt hat und die auch früher nicht mehr bekam. So geht's mir jede Woche. Ich bemühe mich sehr in einen Salon zn kommen, denn die Arbeit in den Häusern ist sehr unzureichend. Es ist mir aber nicht möglich, in einen Salon zu kommen, weil die Anderen sehr niedrige Löhne beanspruchen, damit sie nur Arbeit bekommen. Wenn die Arbeitsvermittlung besser wäre, so daß man nur immer eine hinschickt, und daß die Damen nicht wissen, daß viele frei sind, so wäre es besser. So versäumen 29 die Zeit, und eine kommt nur unter.

Vorsitzender: Es ist eine bekannte Thatsache, daß die Unter- bietung durch Inserate der allerschändlichste Arbeitsnachweis ist.

Herrdegen: Kommt es auch vor, daß Sie aus dem Salon zu einer Dame probiren gehen müssen, und werden Sie in diesem Falle für den Zeit- entgang entschädigt? Exp. Nr. 54: Wir müssen nicht gehen, dafür sind die Probirdamen da.

Vorsitzender: Kommt es vor, daß Mädchen gewissermaßen zur Ergänzung ihres Gchaltes sich die Mittel dazu auf eine nicht besonders schöne Weise anschaffen, dadurch, daß sie Zuschüsse von Männern, von Geliebten u. s. w. annehmen? Exp. Nr. 54: Das kommt vor. In unserem Geschäfte zum Beispiel ist ein Fräulein, die hat einen Geliebten, der sie mit Geld unterstützt.

Vorsitzender: Wie ist es wo anders? Exp. Nr. 54: Ich weiß es nicht.

Dr. Brezina: Bei Ihnen ist neben 20 Arbeiterinnen ein Probir- fräulein? Exp. Nr. 54: Ja.

Dr. Brezina : Welchen Lohn hat sie? Exp. Nr. 54: fl. 60 monatlich.

Mittels höser: War die früher auch Arbeiterin, oder gehört sie zu einer besonderen Kategorie? Exp. Nr. 54: Sie war früher keine Arbeiterin, sie ist aus einem besseren Hause, hat mehrere Sprachen gelernt und ist deshalb zu uns gekommen, weil bei uns Engländerinnen und Fran­zösinnen Kunden sind.

Vorsitzender: Die Sprachenkenntniß ist wohl in einem solchen Falle Erforderniß und es wird mehr für die Vorbildung gezahlt? Expertin Nr. 54: Ja.

Wittelshöfer: War es auch im früheren Salon so? Expertin Nr. 54: Ja, dort waren drei Probirfräulein, davon war eine früher Arbeiterin. Exp. Nr. 55 (über Befragen seitens des Vorsitzenden): Jetzt habe ich keine Beschäftigung, zuletzt war ich in einem Stadtgeschäst, wo außer mir noch zwei Arbeiterinnen beschäftigt waren, vorher in einem großen Salon, aber nur acht Tage, weil sehr schlecht gezahlt wurde. Es wurde nur fl. 1'lO gezahlt, es waren aber auch Mädchen mit 50 und 60 kr. Vorher war ich m der Vorstadt im VIII. Bezirke, in einem kleineren Geschäft, wo nur vier Mädchen gearbeitet haben und ein Lehrmädchen.

Vorsitzender: Weichen die Vorstadtbetriebe von denen in der Stadt ab? Exp. Nr. 55: Ja.

Vorsitzender: Wie ist dort die Stellung der Lehrmädchen? Exp. Nr. 55: Sie lernen zwei Jahre. Das Mädchen, welches dort war, ist bei den Eltern und bekommt nichts gezahlt.

Vorsitzender: Wie ist es dort mit der Saison? Exp. Nr. 55: Es sind zwei Saisonen, ich war nur eine dort.

Vorsitzender: Sind auch Männer dort beschäftigt? Exp. Nr. 55: Nein. Tort mußte ich Jacken, Leiber und Blousen machen.

Vorsitzender: Hat jedes Mädchen eine andere Arbeit gemacht? Exp. Nr. 55: Nein.

Dr. Biezina: Aus welchem Wege sind da die Arbeiterinnen in den Betrieb gekommen? Exp. Nr. 55: Von der Genossenschaft.