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Vorsitzender: War auch Arbeit nach Hause zu nehmen? Expertin Nr. 55: Nein.

Vorsitzender: Aus welchen Kreisen waren die Arbeiterinnen? Exp. Nr. 55: Arbeitermädchen.

Wittelsh öser: Sie haben Jacken und Leiber gemacht; und die anderen Arbeiterinnen? Exp. Nr. 55: Die haben bei den Leibern mit­geholfen, bei Staffirungen, bei leichten Arbeiten.

Wittelshöfer: Hat eine auch Schöße gemacht? Exp. Nr. 55: Da hat die Fran auch geholfen.

Wittelshöfer: Jacken sind eine Arbeit, die sonst Männer machen?

Exp. Nr. 55: Ja.

Herrdegen: Wie lange und was haben Sie gelernt ? Exp. Nr. 55: Zwei Jahre. Ich habe Leiber, Schößen und Jacken machen gelernt.

Herrdegen : Waren auch andere Lehrmädchen ? Exp. Nr. 55: Ja.

Herrdegen: Sind die ebenso ausgebildet worden? Exp. Nr. 55: Je nachdem eine sich dazu schickt.

Herrdegen: Genügen zwei Jahre, um sich vollständig auszu­bilden ? Exp. Nr. 55: Das genügt nicht.

Herrdegen: Was war Ihr Vater? Exp. Nr. 55: Schneider.

Wittelshöfer: Waren Sie in der Lehrzeit nur bei den Arbeiten, oder haben Sie auch Gänge machen müssen? Exp. Nr. 55: Liefern und einkaufen.

Wittelshöfer: Hat das viel Zeit beansprucht? Exp. Nr. 55: Sehr viel.

Vorsitzender: Haben Sie das Schnittzeichnen separat gelernt?

Exp. Nr. 55 : Ja; dafür habe ich fl. 25 gezahlt bei einem privaten Zu­schneider. (Ueber Befragen seitens des Herrn Dr. Schwiedland.) Ich bin jetzt das neunte Jahr im Gewerbe und kann ein vollständiges Kleid machen, auch zuschneiden. (Ueber Befragen seitens des Vorsitzenden.) Mein letzter Verdienst war fl. UM bis U80, in der Vorstadt fl. UM, und well ich weggehen wollte, habe ich um 20 kr. mehr bekommen. Die Bezahlung war bei mir wie bei den Anderen pro Tag. Die Anderen haben 00, 80 kr. bis fl. U20 verdient und die Mittagskost. In der stillen Saison war ich nicht dort. Arbeit nach Hause habe ich nicht bekommen. Das Rohmaterial habe ich nicht beistellen müssen.

Wittelshöfer: Wenn Sie schon nenn Jahre bei dem Geschäfte sind, wo waren Sie denn die übrige Zeit? Sie erzählen nur von drei Geschäften, in denen Sie kurze Zeit waren? Exp. Nr. 55: Ich war sechs Jahre in dem größeren Geschäfte, wo ich gelernt habe. Dort waren zehn Mädchen und sechs bis acht Männer.beschäftigt. (Ueber Befragen seitens des Herrn Herrdegen.) In der Lehrzeit habe ich nur die Mittagskost gehabt, nach der Lehrzeit 50, dann 00 kr. pro Tag, das ist in jeder Saison zugebessert worden, und nach dem dritten Jahre hatte ich 00 kr. Wie ich von dort weggegangen bin, war ich in einem Geschäfte in der Stadt mit st. 1 täglich. Die hat mir für vier Tage in einem Convert fl. 5 gegeben. Wie ich am Montag hinaufgekommen bin und gesagt habe, ich kann für das Geld nicht arbeiten, hat sie gesagt, sie hat einen Gulden am Tisch vergessen. Sie hat probiren wollen, ob ich nicht um das Geld arbeiten werde.

Vorsitzender: Ist Ihnen bekannt, daß Strafen eingeführt sind oder Abzüge, wenn etwas verdorben wird? Exp. Nr. 55: Nein. (Ueber Befragen seitens des Herrn Dr. R a u ch b er g.) Es ist immer nur für die Zeit bezahlt worden, in welcher gearbeitet worden ist: es ist sehr oft vor­gekommen, daß das nicht der volle Tag war. An Somllagen ist gewöhnlich bis Mittag gearbeitet und, so wie bei den Ueberstunden, pro Stunde gezahlt worden. In dem Geschäfte, wo ich sechs Jahre war, war ich in der schlechten Saison im Ganzen vielleicht durch 14 Tage zu Hause. Es ist mir gesagt