Tr. Schwab: Sind Sie bei einer Krankenkasse? Exp. Nr. 55: Ja, bei der genossenschaftlichen.

Vorsitzender: Wie war das Local in dem Borstadtgeschäfte? Exp. dir. 55: Sehr schön. Ein großes Zimmer mit zwei Fenstern; wir haben nur bei einem gearbeitet, da ist nicht zu klagen gewesen.

Vorsitzender: Benehmen sich im Allgemeinen die Männer, sowohl die Vorgesetzten als die Collegen, anständig? Exp. Nr. 55: O ja.

Vorsitzender: Schimpfereien kommen nicht vor? Expertin Nr. 55: Nein.

Vorsitzender: Ueberwiegen in Ihrer Branche die Ledigen oder die Verheirateten? Exp. Nr. 55: Die Ledigen.

Vorsitzender: Was geschieht denn mit den älteren Arbeiterinnen ? Exp. Nr. 55: Ich kenne überhaupt keine älteren; die Aelteste, die ich kenne, ist 51 Jahre alt.

Tr. Biezina: Woher kommt denn das? Exp. Nr. 55: Die Meisten heiraten vom Geschäft weg. «Ueber Befragen seitens des Herrn Wittelshöser.j Die Arbeiterinnen sind häufig Töchter von Schneidern, es sind auch mehrere Beamtenstöchter gewesen. In dem Geschäfte, wo ich sechs Jahre war, sind aber nur solche ausgenommen worden, welche zwei Jahre gelernt haben. Ein Unterschied in der Behandlung je nach der Herkunft der Ärbeiterin wird nicht gemacht. (Ueber Befragen seitens des Herrn Doctor Schwab.) Ich bin seit Herbst ohne Arbeit. Im Jahre 1865 war ich vom Frühjahr bis znm Sommer in der Arbeit, dann bin ich weggegangen. Ich wollte zuerst nach Berchtesgaden fahren, die Frau hat mich aber nicht weg­gelassen und hat mir aufgebessert. Da bin ich bis Juli geblieben, und im Herbst bin ich nicht mehr hingegangen. Im Herbst war ich wieder in einem Geschäft, dann habe ich aber aussetzen müssen vom November bis zur vorigen Woche.

Herrdegen: Wir haben jetzt wiederholt gehört, daß an Sonn­tagen bis Mittags gearbeitet wird. Ist Ihnen nicht bekannt, daß die Sonn­tagsruhe eingeführt ist und daß Sie an Sonntagen nicht verpflichtet werden können, zu arbeiten? Exp. Nr. 55: Ich arbeite auch nicht am Sonntag.

Herrdegen: Sie haben uns aber früher über Sonntagsarbeit Mittheilungen gemacht. Exp. Nr. 55: Das war früher, wie noch nicht die Sonntagsruhe war.

Herrdegen: Also jetzt nicht mehr? Exp. Nr. 55: Nein.

Herrdegen «zur Exp. Nr. 54): Arbeiten Sie an Sonntagen? Exp. Nr. 54: Ja, in der strengen Saison.

Herrdegen: Mehrere? Exp. Nr. 54: Alle müssen kommen.

Herrdegen: Wird da die behördliche Bewilligung eingeholt? Exp. Nr. 54: Das weiß ich nicht.

Herrdegen: Ist es vorgekommen, daß Manche sich geweigert und aus ihrem Rechte zur Sonntagsruhe bestanden haben? Exp. Nr. 54: Einige sind nicht gekommen. Die haben sich am anderen Tag entschuldigt, und es ist Ihnen nichts gesagt worden.

Herrdegen: Aber aus die Sonntagsruhe hat sich Ihres Wissens Niemand berufen?

Vorsitzender: Ist das allgemein üblich, daß an Sonntagen gearbeitet wird? Exp. Nr. 54: Wenn etwas fertig werden muß, in der strengen Saison.

Exp. Nr. 56 (über Befragen des Vorsitzenden): Ich habe, aber nicht in Wien, Kleidermachen ausgelernt. Jetzt bin ich seit vier Jahren in einem ganz kleinen Geschäfte, und wir sind nur zwei weibliche Arbeiterinnen; früher war ich auswärts beschäftigt. Wir erzeugen Krägen und Winter- mäntel. Unsere Saison im Herbst dauert drei Monate, die Frühjahrssaison etwas länger, bis Mai, und dann ist wieder nichts zu thun bis zum Herbst.