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stück 10 kr., das Nachtmahl, Fleisch oder Butterbrot mit Thee, 15 kr., das Bett sl. 1 pro Woche. Von Früh bis Mittag und von Mittag bis Abend essen wir nichts.

Vorsitzender: Für Andere haben Sie oder Ihre Collegin nicht zu sorgen? Exp. Nr. 50: Nein.

Witte lshöser: Wie viel Personen schlafen in dem Zimmer, wo Sie zu Bett sind? Exp. Nr. 50: Ich und noch ein Fräulein, dann der Herr und die Frau.

Vorsitzender: Jeder hat ein Bett allein? Exp. Nr. 56: Ja.

Dr. Ofner: Ist das Zimmer nicht durch einen Vorhang getheilt? Exp. Nr. 50: Nein.

Dr. Ofner: Sind der Herr und die Frau ein Ehepaar?Expertin Nr. 50: Ja.

Vorsitzender: Aeltere Leute schon? Exp. Nr. 50: Ja.

P ern erst o rfer: Gibt es in dieser Branche eine Organisation, einen Fachverein? Exp. Nr. 53: Es besteht ein Fachverein, die Colleginnen kommen aber sehr wenig hin; ich bin in der Ortsgruppe II (Leopoldstadt) die einzige Genossin.

Vorsitzender: Was ist die Ursache? Exp. Nr. 53: Die Mädchen haben etwas Anderes zu thun. Wenn sie fortgehen, so gehen sie entweder mit einem Verehrer, oder sie haben zu Hause zu thun, sie müssen sich am Abend ihre Kleider nähen u. s. f. oder sie interessiren sich nicht dafür.

Pernerstorfer: Das wird das Entscheidende sein. Daß sie einen Verehrer haben, macht nichts; er kann auch in der Organisation stehen. Exp. Nr. 53: Aber ich kenne Viele, die der Verehrer abredet.

Vorsitzender: Fürchten sie vielleicht die Entlassung? Expertin Nr. 53: Sie werden sich wohl nicht fürchten. Aber die Meisten haben es nicht nöthig, sich zu organisiren, weil sie aus besseren Häusern sind. Die auf sich selbst angewiesen sind, verstehen das nicht oder haben nicht Zeit, darüber nachzudenken.

Vorsitzender: Wenn die Arbeiterinnen durch diese sogenannten besseren Fräuleins verdrängt werden, kommt ihnen da nicht der Gedanke, dem durch eine Organisation abzuhelfen? Exp. Nr. 53: Der Gedanke wird ihnen schon kommen, aber sie wissen das nicht anzufangen. Es sind wenig Schneiderinnen organisirt, und viele wissen nicht, daß eine Organisation besteht.

Dr. F aber: Wird zu wenig agitirt? Exp. Nr. 53: Das ist auch möglich.

Expertin Nr. 50 : Ich komme häufig in die Organisation im VI. Be­zirke. Es kommen Mädchen hin, aber nur wenn der Schnittzeichnen-Unter­richt beginnt, und zwar 50 bis 00. Beim letzten Unterricht im Herbste waren so viele, daß nicht alle aufgenommen werden konnten. Die Mädchen haben sich also für den zweiten Unterricht vormerken lassen. Weil aber doch nicht genug waren und die Zeit dann so vorgerückt war, daß sie in die Saison hineingekommen wären, hat der Unterricht unterbleiben müssen. Die Mädchen würden schon hingehen, aber sie fürchten sich vor Verdrießlichkeiten. In meinem Geschäfte gehen sie auch, aber nur verstohlen, obwohl ich öffentlich über die Organisation sprechen kann. Das Mädchen, welches beim Herrn wohnt, bekommt am Montag, wo Vereinsabend ist, eine Beschäftigung, der Herr ersucht sie, etwas zu machen, und da kann sie nicht fortgehen. Um V 2 0 oder ^9 kann sie nicht mehr fort, weil sie das Nachtmahl besorgen muß, und um V 4 IO ist der Vereinsabend zu Ende. Ich habe es aber doch so weit gebracht, daß wenigstens das eine Lehrmädchen hinkommt. Die Chefin hat gesagt, daß die Mädchen, welche in die Organisation gehen, keine an­ständigen Mädchen sind, und die Mädchen sind sehr empfindlich und zimperlich.

Pernerstorfer: Gibt es noch andere Möglichkeiten des Unterrichts, außer dem Fachvereine? Exp. Nr. 50: Wenn das Mädchen zahlen kann.