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Wittelshöfer: Wenn die Arbeiterin aber fl. 1'50 bis l'80 ver­dient, macht sie da nicht Ersparnisse sür die schlechte Zeit? Exp. Klns ü- cek: Solche gibt's aber sehr wenige, und gewöhnlich haben sie noch Andere, z. B. auch die Eltern, zu erhalten. Sie sind aber auch meist der Gefahr ausgesetzt, entlassen zu werden, wenn sie mehr Lohn verlangen. Die Frau sagt, sie bekommt eine billigere. Ich habe die Erfahrung selbst von meiner Schwägerin. Sie hat täglich fl. U40 Lohn, hat eine Mutter, die schou alt ist und nicht arbeiten kann, und sie und ihre Schwester, welche Buchhalterin ist, erhalten die Mutter. Sie haben auch einen Zimmerherrn. Nun kommt es vor, daß sie nicht einmal den Zins zahlen können. Sie können sich also nichts auf die Seite legen.

Wittelshöfer: Welchen Lohn hat nach Ihren Wahrnehmungen die große Mehrzahl? Exp. Klusüöek: fl. 1, höchstens fl. 1'20, über­natürlich nur während der Saison.

Wittelshöfer: Haben Sie bemerkt, daß das Uebergehen zu einem anderen Berufe sür die Schneiderinnen schwer ist, die ja in der Regel eine schwächliche Constitution haben? Exp. Klusüeek: Ja, sie bekommen auch schwer etwas Anderes, weil man in allen Berufen beinahe einen Ueber- fluß hat, besonders an weiblichen Kräften.

(Ueber Befragen des Herrn Dr. Schwa b.) Bei mir wird nach Tag gezahlt; die Arbeitszeit beträgt 9's Stunden. Die Mädchen müssen Arbeit nicht nach Hause nehmen. An Sonntagen wird ge­arbeitet, obzwar ich vom Anfang an der Frau gesagt habe, daß das nicht sein soll. Ich selbst habe nur einmal am Sonntag, über Ersuchen der Frau gearbeitet. Gezahlt wird am Sonntag wie für gewöhnliche Stunden. (Ueber Befragen des Vorsitzenden.) Die Sonntagsarbeit ist im Allgemeinen noch häufig. In einem größeren sehr feinen Stadtgeschäfte arbeiten zweiFrauen- schneider; dort wird für Aristokratinnen seine französische Arbeit nach Modellen aus Paris gemacht. Die Frau reist jährlich zwei- bis dreimal nach Paris wegen der'Modelle. Im Herbst war dort sehr viel zu thun, und dennoch hat man Frauenschneider, welche sich angefragt haben, obzwar auch Platz genug wäre, um Arbeiter unterzubringen, nicht aufgenommen, sondern man hat die anderen zwei täglich von 7 bis 9 oder 10 Uhr und am Sonntag arbeiten lassen. Ich habe das zu spät erfahren, sonst hätte ich früher die Anzeige gemacht. (Ueber Befragen des Vorsitzenden.) Das Local, in dem ich jetzt arbeite, ist ein lichtes Zimmer mit zwei Fenstern im dritten Stock. Die Gasse ist aber schmal, und an finsteren Tagen muß man an­zünden. In der Saison ist das Zimmer zu klein. Gleich wie ich eingetreten bin, habe ich darauf hingewiesen, und die Frau hat gesagt, das Ärbeits- local wird im Frühjahr vergrößert werden. Die Frau hat aber nichts gethan, sie hat mir aber jetzt versprochen, daß sie das Schlafzimmer dazu nehmen wird. Ich nehme mich darum immer an, daß die Fenster aus­gemacht werden, damit frische Luft hereinkommt. Das ist der Frau auch nicht recht, aber weil sie sieht, daß ich nicht nachgebe, so muß sie sich daran gewöhnen. Ich habe gesagt, die beste Ventilation wäre eine, die im Fenster angebracht ist. Da hat die Frau gesagt: Was Sie nicht Alles haben möchten!

Vorsitzender: Haben Sie noch etwas vorzubringen? Experte Klusäöek: Ich habe in einem Geschäfte über ein Jahr gearbeitet, welches kein Institut für Lehrfränlein ist und trotzdem sechs bis sieben Lehrmädchen beschäftigt. Es heißt immer, die Mädchen werden dort nur ausgelernt, sie müssen aber zwei Jahre warten, bevor sie ein Buch bekommen, und werden dann von der Genossenschaft nicht freigesprochen. Nach zwei Jahren bekommen sie ein Buch als Hilssarbeiterinnen. Ich habe selbst schon darüber die An­zeige gemacht, aber so viel mir bekannt ist, ist von der Behörde nichts bisher geschehen. rUeber Befragen des Herrn Wittelshöfer.) TieseMädchen