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Dr. Schwiedland: Wenn nnn aber 15 Dutzend Schürzen pro Tag gemacht werden, kann sie denn die alle erschleppen? Exp. Krasa: Sie trägt sie halt in mehreren Partien.

Dr. Riedl: Ich möchte bei dieser Gelegenheit erwähnen, daß mir selbst ein Betrieb genau bekannt ist, in welchem acht Lehrmädchen ohne Hilfsarbeiterinnen arbeiten und der betreffende Unternehmer die Lehr­mädchen aus Ungarn importirt.

Baronin Vogelfang: Welche Wirkung hat das Maschinnähen auf die Gesundheit? Exp. Krasa: Viele Mädchen werden auf einer Seite etwas höher wie auf der anderen. Manche werden lungenkrank; es gibt auch sehr viele Frauen, die nicht in die Krankencasse einzahlen und gleichwohl die Arbeiterinnen so lange als möglich bei der Arbeit behalten. Wenn sie dann krank werden, sind sie unversorgt. Wenn das herauskommt, dann wird allerdings die Frau bestraft. Erst unlängst hat eine Frau fl. 28 zahlen müssen. Sie hat die Strafe gezahlt und hat deswegen riesig gejammert und geweint, aber dennoch hat sie heute acht, neun Arbeiterinnen, die nicht an­gemeldet sind.

Frau Schlesinger: Kommt es häufig vor, daß Frauen, wenn sie sich verheiraten, Zwischenmeisterinnen werden? Exp. Krasa: Das kommt auch vor, aber meist arbeiten sie als Heimarbeiterinnen für einen Unter­nehmer, da sich der Gatte schämt, die Frau in eine Fabrik zn schicken. Die arbeiten auch meist billiger wie die alleinstehenden Mädchen, welche ganz auf ihren eigenen Erwerb angewiesen sind, und drücken so den Preis herunter.

Frau Schlesinger: Das ist also ganz einfach eine Lohnmindernng durch Unterbieten? Exp. Krasa: Ja.

Expertin Nr. 70 (über Befragen des Vorsitzenden): Ich bin seit zwei Jahren in dem Betriebe einer Zwischenmeisterin, wo ich Schürz, n nähe. Früher war ich Miedernäherin. Bei uns sind acht Personen beschäftigt. Wir haben meistens Arbeit. Es werden bei uns nicht nur Schürzen, sondern auch Schwimmanzüge gemacht. Es sind nur Frauen beschäftigt. Lehrmädchen haben wir keine. Ich bin durch eine Recommandation in's Geschäft gekommen. Von einer Arbeitsvermittlung in unserer Branche weiß ich nichts. Ich bin in der Bezirks-Krankencasse. Wir werden nach Stück bezahlt, und ich verdiene fl. 6 bis 7 wöchentlich. Ich verdiene diesen Betrag fast während des ganzen Jahres; nur in der stillen Saison, welche zwei Monate dauert, blos fl. 5 bis fl. 6. Für Materialien habe ich keine Ausgaben zu machen. Ueberstunden werden bei uns wenig gemacht. Ich speciell mache gar keine Ueberstunden. Meine Colleginnen werden für Ueberstunden gerade so bezahlt wie für die andere Zeit. Diese nehmen auch Arbeit mit nach Haus, ich aber nicht.

Vorsitzender: Es ist also kein Zwang, daß Arbeit nach Haus genommen wird? Exp. Nr. 70: Nein, im Gegentheil. Eine Arbeiterin sucht der anderen die Arbeit wegzunehmen. Die es halt nothwendiger brauchen, reißen sich immer am meisten d'rum. Wir haben aber auch drei Näherinnen, welche es nicht so dringend brauchen, die aber doch Arbeit nach Hause nehmen. (Ueber Befragen des Vorsitzenden.) Diejenigen, welche zu Hause arbeiten, bekommen für die Wolle gezahlt. Sie müssen aber selbst eine Maschine haben und natürlicherweise auch das Petroleum beistellen. Abzüge kommen bei uns sehr häufig vor. Wir bekommen z. B. für ein Muster, wenn es neu ist, 80 kr., und wenn wir das nächste Mal dasselbe Muster bringen, werden uns 10 kr. abgezogen. Das wird uns früher nicht gesagt, sondern erst am Samstag bei der Zahlung. Da heißt es dann: Sie bekommen weniger, denn die Frau selbst bekommt im Geschäft auch weniger. Wenn das Muster längere Zeit in Gebrauch ist, werden weitere 10 kr. abgezogen.

Herrdegen: Glauben Sie nicht, daß der Grund darin liegt, daß die Kunden der großen Geschäfte für ein neues Muster mehr zahlen? Exp. Nr. 70: Nein, das glaube ich nicht.