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Herrdegen: Sie gehören jedenfalls der Pfaidler-Genossenschast an, und dort existirt eine Arbeitsvermittlung. Haben Sie davon noch nichts gehört? Exp. Nr. 70: Nein, ich habe mich auch gewundert, daß wir gar keine Arbeitsvermittlung haben.

Herrdegen: Ja, es existirt eine solche bei der Genossenschaft, sie vermittelt sogar zwei bis drei Posten jährlich. Exp. Krasa: Die Arbeits­vermittlung der Schürzennäherinnen erfolgt hauptsächlich durch Inserate, vornehmlich am Samstag kann man sehr viele Inserate finden, mit welchen Weißnäherinnen gesucht werden.

Dr. Ofner: Haben Sie auch Heimarbeiterinnen, die nur zu Hause arbeiten? Exp. Nr. 70: Ja.

Dr. Ofner: Was bekommen die gezahlt? Exp. Nr. 70: Sie be­kommen per Dutzend um 15 kr. mehr für die Wolle.

Dr. Ofuer: Verdienen Sie sich fl. 0 bis 7 trotz der Abzüge? Exp. Nr. 70: Ja, wir müssen eben um das mehr arbeiten. Die Frau, wo ich jetzt bin, zahlt zufällig besser, aber bei der früheren Frau hatte ich nur fl. 4 bis 5.

Dr. Schwiedland: Was ist das Maximum, das Sie mit Ueber- stunden oder Hausarbeit verdienen konnten? Exp. Nr. 70: fl. 8 bis 9; da muß ich aber elf Stunden im Geschäft und dann noch ein paar Stunden zu Hause arbeiten.

Dr. Schüller: Wie viel bekommen Sie für ein Dutzend Schürzen, und wie viel die Zwischenmeisterin? Exp. Nr. 70: Sie bekommt für's Dutzend fl. 1 40 bis 2 und wir fl. 1 bis 1'20.

Dr. Riedl: Bringen Sie in der Nacht dasselbe Quantum Arbeit Pro Stuude fertig wie in der ordentlichen Arbeitszeit? Exp. Nr. 70: Nein; denn man ist zu müde. (Ueber Befragen des Vorsitzenden.) Bei mancher Arbeit verdient man sich in fünf Stunden Nachtarbeit 70 bis 80 kr., bei mancher nur 50 kr. Im Ganzen vielleicht um 10 oder 20 kr. weniger als bei Tag. Unsere Arbeitszeit ist von 7 Uhr Früh bis 7 Uhr Abends mit einer Stunde Mittagspause. Gabelfrühstück und Jause essen wir während der Arbeit. Frühstück und Jause bestehen in einem Stück Brot oder Butterbrot. Wir arbeiten auch an Sonn- und Feiertagen, und zwar mit der gleichen Bezahlung wie an Wochentagen. Die Kündigungsfrist ist acht Tage. Das sagt Einem die Frau gleich beim Aufnehmen.' Unser Arbeitsraum ist ein ge­wöhnliches Wohnzimmer mit zwei Fenstern. Da arbeiten acht Personen drin. Wir machen der Frau zum Geburts- oder Namenstag Geschenke, und sie revanchirt sich dafür. Meine Ernährung besteht in Folgendem: in der Früh nehme ich Kaffee, um 10 Uhr um 2 kr. Brot und um 2 kr. Butter oder Wurst. Zu Mittag habe ich Suppe, Fleisch und Zuspeise bei meiner Schwester, welche verheiratet ist, in der Nähe des Geschäftes wohnt und der ich dafür 15 kr. zahle. Den Jausenkaffee habe ich auch von der Schwester, und zum Nachtmahl esse ich in der Regel nichts. Unser Local ist im ersten Stock. Ventilation haben wir keine. Die Fenster werden selten aufgemacht, weil es so stark zieht, daß man es nicht aushält. Auch im Sommer wird nur wenig aufgemacht. In dem Arbeitsraume wird nicht gekocht, wohl aber schläft ein Kind der Frau in demselben. Ueber die Sittlichkeitsverhältnisse weiß ich nichts zu sagen. In unserem Betriebe sind mehr Arbeiterinnen ledig als verheiratet; dieselben stammen nur aus Arbeiterkreisen. Ich wohne bei meiner Schwester; da habe ich ein Bett. Meine Schwester und ihr Mann haben ein Bürstengeschäft. Die Wohnung besteht aus Zimmer, Küche und dem Laden. Es schlafen drin vier Personen. Ich gehöre nicht dem Fach­verein an. Ich war längere Zeit in einem Arbeitervereine eingeschrieben, aber weil ich länger krank war, so bin ich gestrichen worden; aber ich werde mich schon wieder einschreiben lassen. Ich habe für Niemanden zu sorgen. Ich habe im Gegentheil eine Erleichterung dadurch, daß ich bei