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meiner Schwester Mittag esse und schlafe. Im Sommer kann ich mir manchmal eine Landpartie vergönnen.

Dr. Riedl: Ist bei Ihnen Sonntagsarbeit regelmäßig? Expertin Nr. 70: In der starken Saison beinahe immer, während vier bis fünf Monaten. Nur an den großen Feiertagen, zu Weihnachten oder Ostern, wird nicht gearbeitet.

Dr. Riedl: Wie steht es mit der Beleuchtung in Ihrem Vocale? Exp. Nr. 70: Die Fenster gehen in einen großen Hof, da haben wir volles Tageslicht; am Abend haben wir eine große Petroleumlampe.

Dr. Ofner: Wenn Sie um 7 llhr Früh in's Local kommen, ist da schon Alles in Ordnung; denn es schläft doch ein Kind in diesem Raume?

Exp. Nr. 70: Ja, es ist Alles in Ordnung, denn es ist dort zufällig sehr rein.

Expertin Nr. 71 (über Befragen des Vorsitzenden): Ich arbeite zu Hause, und zwar für eine Zwischenmeisterin als Schürzennäherin. Ich fange in der Früh um 7 Uhr an, wenn ich zusammengeräumt und die Kinder in die Schule geschickt habe, und arbeite bis 11 Uhr. Dann koche ich und esse mit den Kindern und arbeite wieder von 1 bis 5 Uhr, oft auch nicht einmal so lange, weil ich liefern gehen muß. Wenn ich genug Arbeit bekomme, so arbeite ich auch manchmal in der Nacht. Wie lange ich durchschnittlich arbeite, kann ich nicht genau angeben, es geht mir viel Zeit mit dem Liefern verloren, weil ich oft eine Stunde auf die Arbeit warten muß, bis sie zu- geschnitten ist. Ich verdiene am Dutzend l2 kr. und kann, wenn es gut geht, fünf Dutzend pro Tag machen, verdiene also 00 kr. täglich oder fl. 3«00 in der Woche. Mehr verdiene ich nie, denn es wird mir nie mehr Arbeit mitgegeben. Ich habe zu Hause eine Nähmaschine, welche ich auf Raten gekauft habe; die Raten sind schon ganz abgezahlt. Ich muß die Wolle aus Eigenem beistellen.

Vorsitzender: Wie viel macht das beim Dutzend aus ? Expertin Nr. 71: 4 kr.

Vorsitzender: Ist das richtig? Das würde täglich 20 kr., in der Woche fl. 1'20 ausmachen, so daß Sie nur fl. 2'40 thatsächlich Einnahme hätten? Exp. Nr. 71: Ich habe auch nicht mehr.

Vorsitzender: Und was machen Sie denn, wenn die schlechten Wochen kommen? Exp. Nr. 71 : Da muß man eben mit der Noth kämpfen. (Ueber Befragen des Vorsitzenden.) Abzüge werden nicht gemacht, wohl aber kommen viel Tadel und Ausstellungen vor, namentlich wenn der Bedarf geringer ist.

Dr. Ofner: Sie müssen ja zur Arbeit auch noch Licht beistellen?

Exp. Nr. 71: Ja. (Ueber Befragen des Vorsitzenden.) Ich bin Witwe und habe vier Kinder; davon sind zwei im Waisenhaus, und einen Knaben von zehn Jahren, ein Mädchen von sechs Jahren habe ich zu Hause.

Vorsitzender: Ja, wie können Sie denn die Kinder mit fl. 2'40 oder noch weniger wöchentlich erhalten? Exp. Nr. 71: Ich gehe auch als Bedienerin zum Geschirrabwaschen und dergleichen, aber nicht alle Tage, und da verdiene ich noch in der Woche manchmal 40 kr. bis fl. 1. (Ueber Befragen des Vorsitzenden.) In der Früh esse ich mit den Kindern Kaffee und Brot, um 10 Uhr ein Stück Brot, zu Mittag nur Suppe.

Vorsitzender: Wenn Sie nur Suppe essen, was kochen Sie denn in diese Suppe hinein? Exp. Nr. 71: Erdäpfel oder Reis.

Vorsitzender: Bekommen Ihre Kinder auch nichts Anderes ? Exp. Nr. 71: Nein.

Vorsitzender: Und was essen Sie denn zur Jause und zum Nachtmahl? Exp. Nr. 71: Zur Jause essen wir Kaffee und ein Stück Brot, das ist um halb 5 Uhr, wenn die Kinder aus der Schule kommen. Nachher essen wir nichts mehr.