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fl. 5, und die minderen, die Anfängerinnen, welche blos zwei, drei Jahre im Geschäfte sind, verdienen fl. 4. Dies ist die Mehrzahl der Arbeiterinnen, fl. 3 haben nur dreiLehrmädchen", wie wir sie nennen, es sind aber in Wirklichkeit nur Anfängerinnen, die schon ausgelernt zu uns gekommen sind. Die müssen auch viel herumlaufen, Geschäftsgänge und sogar Privatgänge machen.

Dr. Adler: Was essen denn die Anderen, die weniger als Sie ver­dienen? Exp. Nr. 73: Sie essen halt zu Mittag blos ein Stück Brot und eine Kleinigkeit dazu. Bier oder Wein trinken sie nicht. Die bei den Eltern wohnen, haben es in dieser Beziehung besser.

Dr. Adler: Die Mehrzahl der Mädchen, die fl. 4 bis 5 haben, müssen also auch auf die Wurst verzichten? Exp. Nr. 73: Die nehmen sich manchmal am Abend um 60, 80 kr. Arbeit mit nach Hans und ver­dienen sich dadurch um fl. 1 bis 2 in der Woche mehr.

Dr. Adler: Wie lange haben sie zu Hause Arbeit, wenn sie 60 bis 80 kr. verdienen wollen? Exp. Nr. 73: Vier bis viereinhalb Stunden; denn das ist das Miederaufputzen, eine außergewöhnlich gute Arbeit. (Ueber Befragen des Vorsitzenden.) Wie ich noch Einzieherin war, habe ich auch immer sitzen müssen. Uni 7 Uhr Früh bin ich in's Geschäft gekommen, da bin ich bei meiner Arbeit gesessen bis 12 Uhr und habe auf meinem Platze das Frühstück eingenommen. Auch zu Mittag bleiben Viele sitzen, welche Extra-Arbeit haben. Um dreiviertel Eins geht gewöhnlich eine Arbeiterin hinunter und holt das Essen für die Mädchen. Da stehen sie dann ein bischen auf, setzen sich aber gleich wieder nieder. Auch zum Gabelfrühstück und zur Jause holt ein Mädchen das Essen.

Dr. Adler: Haben Sie sich damals gesünder gefühlt als heute? Exp. Nr. 73: Nein, damals bin ich am Abend recht matt gewesen.

Dr. Adler: Waren Sie nicht bleichsüchtig? Exp. Nr. 73: Nein.

Dr. Adler: Haben Sie Arbeitsgenossinnen, die bleichsüchtig sind? Exp. Nr. 73: Sehr viele. In unseren! Betriebe sind vielleicht acht bis zehn, die bleichsüchtig sind. Sie sind auch sonst sehr leidend und brauchen stets den Doctor. Sie leiden an Mattigkeit, Seitenstechen u. dergl., und der Doctor empfiehlt ihnen, Bewegung zu machen.

Dr. Adler: Die Frauen haben bekanntlich ein regelmäßiges Unwohl­sein. Spüren Sie während dieser Zeit das Sitzen empfindlicher? Expertin Nr. 73: Wenn ich stehe, ist mir freilich wohler.

Dr. Adler: Zur Zeit, wo Sie so viel gesessen sind, haben Sie das Unwohlsein stärker empfunden? Exp. Nr. 73: Ja.

Dr. Adler: Worin hat sich dieses vermehrte Uebelbefinden gezeigt? Sprechen Sie nur ganz ungenirt. Es ist das wissenschaftlich interessant. Warum sind Sie nicht zu Hause geblieben? Exp. Nr. 73: Ich war immer eine gesunde Person und habe das weniger gespürt. Es ist mir nie eingefallen, wegen so etwas zu Hause zu bleiben. Außerdem hätte ich ja 80 kr. pro Tag verloren.

Dr. Adler: Hätten Sie vielleicht den Posten verloren, wenn Sie deswegen ausgeblieben wären? Exp. Nr. 73: Nein.

Dr. Adler: Kommt es vor, daß andere Mädchen aus diesem Grunde regelmäßig ausbleiben? Exp. Nr. 73: Es kommt bei Einigen vor.

Dr. Adler: Wenn Sie zwölf Stunden hintereinander gesessen sind und dann aufstehen und aus die Gasse gehen, wie lange gehen Sie dann nach Haus? Machen Sie sonst noch Bewegung? Exp. Nr. 73: Ich habe 20 Minuten nach Hause; ich gehe häufig noch etwas spazieren, meist zu Verwandten. Viele der Arbeiterinnen wohnen weit und brauchen nicht extra spazieren zu gehen. Auch am Sonntag bleibe ich nie zu Haus, sondern gehe meist spazieren. Nicht Alle thun das aber.

Dr. Adler: Wird nicht auch für den Sonntag Arbeit mitgenommen?