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Exp. Nr. 73: O ja, manchmal. Wenn Postarbeit ist, wird Samstag Abends die Arbeit mitgegeben, und es muß oft schon Sonntag Vormittags abgeliefert werden. Das kommt aber nicht oft vor, vielleicht vier-, fünfmal im Jahre müssen sieben oder acht Mädchen am Sonntag arbeiten. (Ueber Befragen des Vorsitzenden.) Ich wohne mit meiner Schwester. Die ist Ein- fasserin und verdient fl. 9. Wir haben eine eigene Wohnung, ein Cabinet, direct vom Hausherrn gemiethet. Dafür zahlen wir fl. 6, weil es ein großes Cabinet ist. Die Möbel gehören uns.

Dr. Schiff: Wie viel verdienen die Mädchen, welche in der Pause Extra-Arbeit machen? Exp. Nr. 73: 20 kr.

Dr. Schiff: Wie viel verdient sich also eine Arbeiterin, die fl. 5 hat, mitsammt der Haus- und Extra-Arbeit? Exp. Nr. 73: Sie kann sich über fl. 7 verdienen.

Dr. Schiff: Haben Sie eine Fabriksordnung? Exp. Nr. 73: Nein.

Dr. Schiff: War der Gewerbe-Jnfpector während der Jahre, wo Sie im Geschäft sind, in der Fabrik? Exp. Nr. 73: Ich kann es nicht bestimmt angeben.

Dr. Schiff: In welcher Krankencasse find Sie? Exp. Nr. 73: In der Genossenfchafts-Krankencasse.

Exp. Krasa: Was hat Ihre Vorgängerin auf demselben Posten gehabt, an deren Stelle Sie jetzt getreten sind ? Exp. Nr. 73: Die hat nur fl. 6'/r gehabt, und die vor ihr fl. 9.

Exp. Krasa: Woher diese Differenz? fl. 9, dann fl. OV -2 und jetzt Sie fl. 7', 2 ? Exp. Nr. 73: Anfangs habe ich nur fl. 7 gehabt. Da bin ich zum Herrn gegangen und ersuchte um eine Lohnerhöhung, weil meine zweite Vorgängerin fl. 9 gehabt hat; da hat der Herr gesagt: Von Ihnen habe ich nicht das, was ich von der früheren gehabt habe.

Exp. Krasa: Hat sie besser arbeiten können? Exp. Nr. 73: Im Gegentheil, sie hat noch eine Hilfsarbeiterin gebraucht.

Exp. Krasa: Ist Ihnen bekannt, daß in Ihrem Betriebe ein Arbeiter sich täglich um 2 kr. eine Zeitung kauft, sie dem Herrn in's Comptoir hineinbringt, und daß der Herr sie ihm am nächsten Tage zurückgibt, weil er sich selbst keine eigene Zeitung vergönnt? Exp. Nr. 73: Ja.

Dr. Adler: Wie viel Mädchen sind Maschinnäherinnen? Expertin Nr. 73: Fünf.

Dr. Adler: Nähen diese die ganze Zeit? Exp. Nr. 73: Nein, sie kommen in der Früh um eine halbe Stunde später und gehen Abends schon um Sechs, halb Sechs nach Hause. Ihr Wochenverdienst beträgt fl. 9 bis 1l.

Dr. Adler: Haben diese Mädchen bezüglich ihrer Gesundheit besondere Beschwerden? Exp. Nr. 73: Nein. (Ueber Befragen.) Wir müssen über die Stiege hinunter und über den Hof gehen und auf der anderen Seite des Hofes wieder einen Stock hinauf, um in den Abort zu gelangen. Wir könnten zwar durch die Appretur gehen und uns das Stiegen- steigen ersparen, aber die ist abgesperrt, weil sich der Herr wegen Ver­untreuungen fürchtet. Es ist das ein sehr altes Haus. Nur während der Sommerszeit, wenn der Herr auf dem Lande ist, dürfen wir in den Abort in seiner Wohnung gehen. Für alle dort Beschäftigten ist nur ein Abort, der auch sehr unrein ist.

Expertin Nr. 74 «über Befragen des Vorsitzenden): Ich bin Streiferin in einer Krägen- und Manschettensabrik, wo auch Hemden erzeugt werden. Die Arbeit wird zuerst eingestärkt, dann ausgewunden und sodann auf gleich gestreift und überwischt. In unserem Betriebe sind gegen 100 Personen und über 43 Streiferinnen außer den Büglerinnen. Ich bin drei Jahre dort. Die Arbeit ist nicht gleichmäßig. Jetzt ist es sehr streng, aber im Sommer- haben wir sehr wenig zu thun. Männer sind in dem Betriebe nur wenige. Diese schneiden zu; Büglerinnen für Hemden und Krägen sind über 50