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Es gibt auch Glänzerinnen, und zwar sieben oder acht. Die Wäscherinnen sind im Keller, und zwar fünf. Lehrmädchen haben wir beim Streifen vier, und beim Bügeln sind auch einige. Es werden Bügelmaschinen und Glanz­maschinen verwendet. Ich bin in's Geschäft durch Recommandation gekommen. Eine geregelte Arbeitsvermittlung gibt es nicht. Die Arbeiterinnen find aus Arbeitskreisen. In der strengen Zeit verdiene ich fl. 6 bis 7, in der schlechten fl. auch nur etwas über fl. 3. Die gute Zeit ist mehr als ein halbes Jahr. Wir werden nach Stück bezahlt, und zwar bekommen wir per Dutzend 4 kr. Auch die Büglerinnen und Glänzerinnen sind per Stück bezahlt. An Materialien haben wir nichts beizustellen als das Bein zum Ausstreifen. Arbeit nehmen wir nicht nach Hause. Von den Streiferinnen bei uns verdienen etwa 20 ebenso viel wie ich. Wir müssen aber, da die Arbeit eine sehr anstrengende ist, das, was wir mehr verdienen als die Anderen, beim Essen wieder zusetzen.

Vorsitzender: Worin besteht die Arbeit? Exp. Nr. 74: Die aus der Stärkerei kommenden Krägen werden aufgelegt und mit einem Bein fest ausgekratzt, und zwar nur die Kante, das Genähte, und dann wird mit einem trockenen Fetzen abgewischt, und das ist sehr anstrengend. Wenn ein Kragen nicht ordentlich gemacht ist, so wirft ihn dieErste" zurück, oder sie sagt:Ich haue Euch die Arbeit auf den Schädel." Sie sagt:Die Frau hat mir geschafft, ich soll Euch die Arbeit, wenn sie nicht ordentlich ist, aus den Schädel hauen."

Vorsitzender: Der Lohn ist also ungleich, weil nicht Jede das­selbe leisten kann? Exp. Nr. 74: Ja, für ein Dutzend kriegen wir 4 kr., und wenn ein Kragen schlecht ist, so werden 10 kr. abgezogen. Manchmal ist eben der Rand schlecht ausgekratzt, daran ist aber die Maschine schuld, weil die Fehler meistens darin bestehen, daß der Rand des Kragens geschwärzt ist.

Vorsitzender: Und wissen Sie, was mit den Abzügen geschieht?

Exp. Nr. 74: Die kommen der Frau zu. Es werden uns oft in der Woche 40 bis 80 kr. abgezogen. Diese zurückgewiesenen Krägen werden dann ausgewaschen und einfach ausgebessert.

Vorsitzender: Haben Sie nie daran gedacht, sich dagegen zu wehren ?

Exp. Nr. 74: Ein Paar sind dabei, die das thun, aber die Meisten trauen sich nicht.

Vorsitzender: Kommen die Abzüge häufig vor? Exp. Nr. 74: Alle Wochen, ob die Arbeit gut oder schlecht ist.

Dr. Adler: Der Kragen ist also nicht verdorben? Exp. Nr. 74: Nein, er ist nur etwas schwarz, oder die Kante ist nicht ganz gerade. Das kaun die Büglerin leicht auf gleich machen. Die bekommt dann 2 kr. dafür, und wir müssen 10 kr. zahlen.

Vorsitzender: Haben Sie noch andere Strafen? Exp. Nr. 74: Jetzt will man eine Strafe dafür einführen, wenn gesprochen wird.

Dr. Adler: Haben Sie eine Fabriksordnung? Exp. Nr. 74: Ja. Die ist angeschlagen, aber von den Strafen steht nichts darin.

Vorsitzender: Ist es nicht möglich, daß Ihre Frau die Abzüge in eine bestimmte Casse gibt ? Exp. Nr. 74: O nein, das wissen wir schon.

Dr. Riedl: Wenn unter allen Krägen, die Sie im Tage abliefern, fünf Krägen fehlerhaft sind, werden Ihnen da 50 kr. abgezogen ? Expertin Nr. 74: Wir bekommen immer je zwei Dutzend, und die müssen wir wieder abliefern. Wenn zwei Krägen darunter schlecht sind, so werden 20 kr. ab­gezogen, und wenn vier Krägen schlecht sind, auch 20 kr.

Herrdegen: Wie lange lernen die Mädchen? Exp. Nr. 74: Früher haben sie 14 Tage gelernt. Während der Lehrzeit bekommen sie nicht nur nichts, sondern müssen noch fl. 5 zahlen. Jetzt müssen sie drei bis vier Wochen lernen.