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10 bis 3 Uhr Nachmittag nichts? Exp. Nr. 76: Wenn ich Hunger habe, kann ich mir etwas holen lassen, weil wir nach Stück bezahlt werden.

Dr. Adler: Ist es die Regel, daß Alle im Geschäfte essen? Exp. Nr. 76: Ja, die Anderen nehmen sich von zu Hause etwas mit oder kaufen sich Gemüse oder Fleisch oder etwas Kaltes.

Dr. Adler: Müssen Sie nicht auch eine Medicin nehmen? Exp. Nr. 76: Eisenpillen, die bekomme ich von der Krankencasse.

Dr. Adler: Wie lange sind Sie in Behandlung? Exp. Nr. 76: Zwei Jahre.

Dr. Adler: Haben Sie die Arbeit während dieser Zeit unter­brochen? Exp. Nr. 76: Nein.

Dr. Adler: Hat Ihnen der Arzt nicht gesagt, daß es für Sie günstig wäre, wenn Sie fortfahren würden? Exp. Nr. 76: Er hat gesagt, ich soll mehr Bewegung machen.

Dr. Adler: Und sind Sie absolut nicht in der Lage, das zu thun? Exp. Nr. 76: Ich müßte in Dienst gehen oder in ein anderes Geschäft.

Dr. Adler: Könnten Sie nicht, wenn Sie sparsam leben, Vier- Wochen Ferien nehmen? Exp. Nr. 76: Das könnte ich schon, bis jetzt habe ich es aber nicht gethan, weil ich von zu Hanse aus nichts gehabt habe, und da habe ich mir Wäsche und alles Andere erst anschaffen müssen.

Frau Schlesinger: Wäre es Ihnen nicht möglich, zu Mittag in die Volksküche zu gehen? Exp. Nr. 76: Ich bin schon hingegangen, aber man kann das Essen meistens nicht genießen.

Engel: Was haben Sie in der Woche verdient, wenn Sie viel zu thun gehabt haben, einschließlich Sonn- und Feiertage? Exp. Nr. 76: fl. 7'/r, 8 und 8'/«.

Engel: Haben Sie sehr lange gearbeitet? Exp. Nr. 76: An Wochentagen bis zwei, drei Uhr Morgens, an Sonn- und Feiertagen den ganzen Tag.

Vorsitzender: Haben Sie für Jemand zu sorgen? Expertin Nr. 76: Nein, ich bin bei einer Frau zu Bett und zahle fl. 1 pro Woche, für die Wäsche zahle ich 20 bis 30 kr. pro Woche. In dem Zimmer schlafen vier Personen: die Frau, die Tochter, ein Mädel und ich. Es sind Vier- Betten.

Dr. Riedl: Gönnen Sie sich ein Vergnügen? Exp. Nr. 76: Ich gehe alle drei, vier Wochen einmal Sonntag Nachmittag in's Theater. (Ueber Befragen.) Einem Vereine gehöre ich nicht an.

Expertin Nr. 77 (über Befragen seitens des Vorsitzenden^: Ich bin Krägen- näherin und bin seit jechs Jahren mit dieser Arbeit beschäftigt. Früher war ich in einem Betriebe, jetzt arbeite ich zu Hause. Die Arbeit ist das ganze Jahr hindurch gleich. Mein Vater ist bei der Westbahn Conducteur. Er lebt noch, und ich wohne bei meinen Eltern, ich bin aber verheiratet. Ich verdiene in der Woche fl. 4 bis fl. 5. Davon zahle ich nichts weg. An Material habe ich nur Zwirn und Oel zu kaufen. Abzüge habe ich keine, außer wenn ich Waare zerreiße, oder wenn zu viel eingezwickt ist, so muß man es ersetzen. Ich habe zwei Kinder. Ich arbeite bis 7, 8 oder 9 Uhr Abends. Ich koche nicht, muß aber zusammenräumen. In der Nacht arbeite ich nicht und auch an Sonn- und Feiertagen nicht. Mein Mann ist auch bei der Bahn. Wir sind im Ganzen sechs Personen. Zum Frühstück essen wir Kaffee und Semmel, zum Gabelfrühstück Wurst oder Eier, Mittag Suppe, Fleisch und Gemüse, zur Jause Kaffee, Abends etwas aus dem Gasthause, oder wir kochen selbst. Mein Mann hat einen Gehalt von fl. 350 und fl. 150 Quartiergeld. Auch der Vater verdient noch. Die Wohnung besteht aus zwei Zimmern und Küche. In einer Krankenversicherung bin ich nicht. So lange ich im Geschäfte war, habe ich versichert sein müssen.