Dokument 
Die Arbeits- und Lebensverhältnisse der Wiener Lohnarbeiterinnen : Ergebnisse und stenographisches Protokoll der Enquete über Frauenarbeit, abgehalten in Wien vom 1. März bis 21. April 1896
Entstehung
Seite
244
Einzelbild herunterladen

244

es kommt ein anderes darauf. Manchmal muß auch mit der Hand gewaschen werden, bald mehr, bald weniger. Man kann sagen, daß da im Tage etwa 300 Dutzend gewaschen werden. Dann kommt die Wäsche zum Trocknen und Einstärken. So lange der Dampf geht, müssen wir dort sein.

Wittelshöser: Geht der Dampf nur für die Wäscherei? Exp. Nr. 78: Es sind auch andere Arbeiter im Hause, die mittelst Dampf­betrieb arbeiten. Aber in der Wäscherei ist der Dampf nur für uns.

Wittelshöser: Sie haben Wochenlohn. Wenn aber ein Feiertag ist, wird da die ganze Woche bezahlt? Exp. Nr. 78: Bei uns ja, es gibt aber Fabriken, wo der Tag abgezogen wird.

Wittelshöser: Kommt es nicht vor, daß Sie weniger arbeiten?

Exp. Nr. 78: Wenn etwas bricht. Da wird aber der volle Lohn bezahlt.

Dr. Ofner: Sind bei Ihnen Lehrmädchen? Exp. Nr. 78: In der Wäscherei gibt es keine. Die Arbeiterinnen kommen mit 17, 18 Jahren und werden gleich bezahlt.

Dr. Ofner: Wird Ihnen etwas abgezogen, wenn Sie später kommen?

Exp. Nr. 78: Für fünf Minuten 10 kr., für eine Viertelstunde 20 kr.

Dr. Ofner: Woran waren Sie erkrankt? Exp. Nr. 78: Drinnen schwitzt man stark, und da muß man oft herausgehen und die Wäsche in den ersten Stock hinauftragen. Wir sind ebenerdig, und die Büglerinnen sind im ersten Stock.

Dr. Ofner: Wo ist der Abort? Exp. Nr. 78: Im ersten Stock sind in einem kleinen Gange zwei Aborte.

Dr. Ofner: Haben Sie Männer zu Vorgesetzten? Exp. Nr. 78: Nein, es ist nur der Herr da. Geschenke haben wir nicht zu machen. Die Herrenleute sind oft recht grob mit uns, wenn man mit der Arbeit nicht nachkommt.

Dr. Schiff: Wird die Wäsche zu Ihnen hinuntergeschafft? Exp. Nr. 78: Wir müssen sie vom ersten Stock hinuntertragen. Da müssen wir auch über den Gang gehen, der nicht geheizt ist. Das Local, in dem wir waschen, hat zwei Fenster. Dort sind wir zwei Wäscherinnen allein. Wir müssen beiläufig alle Viertelstunden etwas hinauf- oder heruntertragen. In der Hausflur ist nicht einmal ein Windfang, und da weht es im Winter oft den Schnee hinein.

Dr. Schiff: Die Wände müssen ja ganz naß sein? Expertin Nr. 78: Es fällt oft vom Plafond der Mörtel herab.

Dr. Schiff: Wie oft wird ausgekehrt? Exp. Nr. 78: Bei uns wird täglich ausgewaschen und im ersten Stock alle Wochen. Geweißt wird alle zwei, drei Jahre einmal.

Dr. Schiff: Haben Sie eine Fabriksordnung? Exp. Nr. 78: Ja, die ist angeschlagen. Von den Abzügen steht nichts d'rin.

Dr. Schiff: Woher bekommen Sie das Wasser? Exp. Nr. 78: Die Wasserleitung ist im Local. Znm Ausschütten des Wassers brauchen wir nicht hinauszugehen.

Dr. Schiff: Was ist Ihr Mann? Exp. Nr. 78: Wagner. Er ist aber jetzt nicht bei der Profession, sondern macht Holzabsätze für die Schuster. Er arbeitet in einer Werkstätte. Er ist nach Stück bezahlt und verdient fl. 4, 5, auch fl. 6. Wenn er die ganze Woche arbeitet, verdient er fl. 10.

Dr. Schiff: Sie haben also im Monat fl. 24, und Ihr Mann verdient durchschnittlich fl. 6 pro Woche. Davon zahlen Sie fl. 19 für die Kinder. Können Sie denn mit fl. 30 im Monat leben? Exp. Nr. 78: O ja. Wir haben ein Cabinet direct vom Hausherrn und zahlen dafür fl. 6'40. Küche ist nicht dabei, aber es ist ein Herd darin. Mittags gehe ich nicht nach Hause, sondern kaufe mir beim Greisler etwas, Butterbrot