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Lehrmädchen außerhalb der Arbeitszeit. Das dauert von halb 8 bis 8 Uhr Abends. In der Früh müssen die Arbeiterinnen auch die Betten machen.

Pros. Grnber: Ist Ihnen bekannt, daß in der letzten Zeit eine Vergiftung durch die Farben vorgekommen ist? Exp. Nr. 82: Eine directe Vergiftung nicht.

Mittels höfer: Warum ziehen Sie es nicht vor, in eine Fabrik zu gehen, wo Sie wenigstens eine regelmäßige Arbeit haben und wahr­scheinlich auch mehr verdienen? Exp. Nr. 84: Ich habe noch keine Gelegenheit gehabt. Einmal habe ich gekündigt, aber er läßt uns nicht fort. Bevor man aber nicht weg ist, kann man sich nicht um Arbeit umsehen. Ich würde es jedenfalls vorziehen, in eine Fabrik zu gehen.

Expertin Nr. 85: Ich bin in einem kleinen Betriebe, in dem fünf Arbeiterinnen und zwei Lehrmädchen beschäftigt sind. Es werden dort nur feine Arbeiten gemacht, Bouquets für Damenhüte rc. Wir machen Alles nur die Blätter nicht. Es ist lauter Handarbeit. Es sind nur Frauen beschäftigt. Arbeit wird auch außer Haus gegeben, die wird aber schlecht bezahlt. Die Arbeitsvermittlung ist dieselbe wie bei den Anderen. Bei uns hat eine Arbeiterin st. 10, eine fl. 12, eine st. 13, das Höchste ist fl. 18 monatlich. Die Kost haben wir im Hause. Wir wollen lieber keine Kost, und es hat auch deshalb schon sehr viel Verdruß gegeben. Die Mittagspause wird nicht eingehalten. Die Lehrmädchen bekommen keine Entlohnung. Die Arbeiterinnen wohnen nicht im Betriebe, von den Lehrmädchen nur eines. Die Arbeitszeit ist von halb 8 Uhr Morgens bis 7 Uhr Abends in der Saison. Vier Monate haben wir gar nichts zu thun, da bekommen wir gar nichts. Einige von den Arbeiterinnen fahren nach Hause, andere gehen in den Dienst. Ich bringe mich so fort, indem ich für einige Kundschaften im Haus etwas arbeite. Damit verdiene ich mir das Nothwendigste. Sonntagsarbeit kommt nicht vor, weil wir gar nicht arbeiten würden. Die Kündigung ist 14tägig. Zum Frühstück und zur Jause haben wir keine Pause. Geschenke kommen nicht vor. Das Arbeitslocal ist im zweiten Stock, die Wohnung besteht aus Zimmer und Küche. Das Zimmer ist groß, und die Fenster gehen auf die Gasse. Die Frau arbeitet mit. Die Speisen werden im Arbeitslocal gegessen. Die Frau ißt nicht mit uns. Wir wissen nicht, ob sie dieselbe Kost hat wie wir. Ich bin seit meiner Jugend in dem Betriebe beschäftigt. Seit 15 Jahren bin ich Witwe. Ich habe einen Sohn, der ist gelernter Steindrucker. Jetzt ist er Hausdiener und hat fl. 7 wöchentlich. Wir haben eine gemeinsame Wohnung und essen auch Abends gemeinsam.

Wittelshöfer: Wer schläft in dem Arbeitslocal? Expertin Nr. 85: Nur ein Lehrmädchen. Der Herr hat ein separates Cabinet.

Dr. Ofner: Haben Sie Abzüge, wenn Sie zu spät kommen? Exp. Nr. 85: Wir bringen das ein. Ueberstunden haben wir wenig. Wir bekommen dafür 10 kr. pro Stunde, werden aber nicht dazu gezwungen. Exp. Nr. 83: Ich habe vier Jahre lernen müssen. Wenn wir in der Früh nicht zeitlich genug aufgestanden sind, ist die Frau mit einem Ochsenziemer gekommen und hat uns geschlagen. Wir haben auch die ganze Nacht manch­mal durcharbeiten müssen. Die Frau hat uns gesagt: Schreibt Euch die Arbeit auf, wenn die Saison vorüber ist, bekommt Ihr Euer Geld. Wie wir nun zu ihr gekommen sind, hat sie gesagt: Wenn Ihr nicht gleich schaut, daß Ihr wegkommt, so werfe ich Euch über die Stiege hinunter. In sittlicher Beziehung war es auch sehr schlecht. Wenn sich Eine mit dem Herrn nicht abgeben wollte, hat er getrieben, daß sie fortkommt. Expertin Nr. 82: Ein Mädel hat bei uns vom Herrn eine Ohrfeige bekommen, weil sie sich nicht hingegeben hat.

Vorsitzender: Wie ist das möglich, da doch die anderen Ar­beiterinnen da sind? Exp. Nr. 82: Er schickt sie um etwas, und dann

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Frauen-Enqnete.