Vorsitzender: Es heißt hier: für Blaumachen 50 kr. Experte Scheibe: Das ist sehr nothwendig und steht auch in meiner Arbeits­ordnung.

Vorsitzender (verliest mehrere Fälle von Strafen aus dem Buche): Viele Betriebe haben die Strafen ausgegeben, weshalb haben Sie dieselben beibehalten? Exp. Scheibe: Weil ich kein anderes Mittel zur Aufrecht­erhaltung der Ordnung kenne. Früher habe ich erst gestraft, wenn Jemand um fünf Minuten zu spät kam, und da war oft beim Läuten kein Mensch in der Werkstatt; deshalb mußte ich so streng vorgehen und halte daran fest.

Vorsitzender: Es scheint aber, daß hier die Arbeiterin am empfindlichsten getroffen wird, und es kann doch auch sein, daß ein Mädchen unverschuldet zu spät kommt und dann ungerechterweise bestraft wird? Exp. Scheibe: Wenn Jemand zu spät kommt und sich entschuldigt, oder wenn z. B. schlechtes Wetter, Schneegestöber ist, so wird nicht gestraft. Die Nachsicht der Strafe steht in Händen eines Comptoirbeamten und kommt auch thatsächlich sehr oft vor; auch bin ich Früh selbst da, und wo ich sehe, daß eine Strafe unberechtigt ist, wird nicht gestraft. Z. B. Heuer im Jänner wurden fast alle Strafen wegen Zuspätkommens nachgesehen, wegen des schlechten Wetters.

Vorsitzender (nach Einsicht in das Buch): Hier ist zuerst das Jahr 1889. Da haben die Strafgelder sl. 194 ausgemacht, die sich aus Posten zu 20 kr. zusammensetzen; das Mittel scheint also nicht sehr wirksam zu sein!

Pros. v. Philippovich: Wird das Falzen und Heften auch noch von Männern verrichtet? Exp. Scheibe: Höchstens vereinzelt, von alten Leuten. Ich selbst habe seinerzeit in Leipzig auch gefalzt; früher war es üblich, doch jetzt ist es ausschließlich Mädchenarbeit; man hat sogar sehr häufig Falzmaschinen.

Pros. v. Philippovich: Haben die Männer besseren Lohn beim Falzen als die Frauen? Exp. Scheibe: Ob der Lohn bei den Männern besser war, könnte ich nicht sagen; ich habe nie Männer zum Falzen gehabt.

Pros. v. Philippovich: Sind die Arbeiterinnen, welche 5000 Bogen falzen, zahlreich? Exp. Scheibe: Das sind die geschicktesten, denn da kommen 500 Bogen auf eine Stunde. Es gibt auch Mädchen, die nur 3000 Bogen im Tage falzen.

Pros. v. Philippovich: Wie lange dauert es, bis ein Mädchen diese Uebung gewinnt? Exp. Scheibe: Das ist individuell. Ich habe Mädchen, die schon nach 14 Tagen 3000 Bogen falzen, und andere, die nach einem Jahre noch nicht so weit kommen; 5000 ist schon eine ganz besondere Leistung, 4000 Bogen ist die normale Leistung, das falzt jede Arbeiterin, die Lust und Liebe zur Arbeit hat. Lehrmädchen habe ich

eigentlich gar keine, aber Anfängerinnen; diese melden sich einfach und

kommen für 14 Tage zu einer Falzerin, welche auch die Arbeit der An­fängerin bezahlt bekommt, als Entgelt für das Unterweisen. Die Anfängerin selbst tritt erst nach diesen 14 Tagen in den Lohn ein.

Vorsitzender: Hat die Falzerin zu ersetzen, wenn die Anfängerin etwas verdirbt? Exp. Scheibe: Das kommt nicht vor, weil die

Falzerin sehr aufmerksam ist, und man gibt nur einer zuteil Falzerin ein Lehrmädchen. Nach 14 Tagen verdienen sich die Mädchen in den ersten Wochen etwa fl. 1'20 bis fl. 1'50, das dauert aber nicht lange, sie kommen bald in Uebung.

Vorsitzender: Ist es bei Ihnen üblich, daß der Wochenlohn dann allmälig um 10 kr. etwa erhöht wird? Exp. Scheibe: Nein, sie

werden nur nach Stück gezahlt.

Vorsitzender: Wird die Geschicklichkeit mit dem Alter wieder geringer? Exp. Scheibe: Diese Erfahrung habe ich nicht gemacht.