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Ich habe eine Arbeiterin, die 61 Jahre alt ist; ich habe sie von meinem Vorgänger, dem ich die Cartonage-Abtheilnng abgetanst habe, übernommen, sie ist bereits seit dem Jahre 1850 in dieser Arbeit. Sonst habe ich keine Arbeiterin, die über 40 Jahre alt wäre, höchstens eine dürfte da sein; eine ältere nimmt man natürlich nicht gern neu auf, doch ich habe etwa zehn Mädchen, die schon 12 bis 15 Jahre bei mir sind. Es ist selten vorgekommen, daß ich ältere Arbeiterinnen, weil sie später weniger geschickt geworden sind, entlassen mußte.

Vorsitzender: Gibt es eine Entlassung, wenn in der schlechten Zeit ein Mädchen nicht im Geschäfte wartet, sondern fortgeht? Experte Scheibe: Nein, die meisten ziehen es vor, dazubleiben, und alle kann man nicht fortlassen, weil oft pressante Arbeiten kommen; es kommt nicht vor, daß alle fortgehen. Die Verheirateten, welche vor allen Anderen das Bedürfniß haben, fortzugehen, werden berücksichtigt, und die sind auch größten- theils im Wochenlohne; das sind in der Mehrzahl die sogenannten Fertig- macherinnen, denen das Einhängen und Einkleben obliegt.

Vorsitzender: Wovon hängt es ab, ob Eine im Stücklohn oder im Wochenlohn arbeitet? Exp. Scheibe: Das ist je nach Bedarf; oft kommt ein Mädchen sofort in Wochenlohn.

Vorsitzender: Wie stark ist die Zahl derer im Wochenlohn und derer im Stücklohn? Exp. Scheibe: Das habe ich schriftlich mitgetheilt.

Wittelshöfer: In dem Schreiben steht: 30 männliche und 15 weibliche Arbeiter stehen im Wochenlohn; die übrigen sind im Stücklohn.

Vorsitzender: Wie groß ist der Wochenlohn? Exp. Scheibe: Er schwankt zwischen fl. 4 und fl. 8. Das Verhältniß derer, welche etwa fl. 4 oder fl. 8 haben, ist verschieden. Wenn ich ein Mädchen im Wochenlohn aufnehme, so bekommt sie erst fl. 2, dann fl. 2'50, 3, 3'50, und steigt erst, wenn sie eingearbeitet ist.

Pros. v. P h ilip p o v i ch: fl. 8 bekommen also nur die Geschicktesten? Exp. Scheibe: Die verdienen auch mehr, z. B. die Goldauftragerinnen, die gehen unter fl. 10 bis 12 nie nach Hause, dies sind besonders geschickte Arbeiterinnen und werden, wenn kein Gold aufzutragen ist, auch zum Falzen und Heften verwendet und machen Accordarbeit. Von den 15 im Wochenlohn stehenden Mädchen sind drei, welche fl. 4 und fünf, welche fl. 8 verdienen, also ein Drittel.

Wittelshöfer: Sie sagten, in der todten Saison müssen die Mädchen, also auch die Hefterinnen, auch falzen. Hängt das nicht zusammen, so daß, wenn nichts zu heften ist, auch nichts zu falzen ist? Exp. Scheibe: Nein, das ist nicht immer der Fall, denn es dauert, wie z. B. bei Lehmann's Wohnungsanzeiger, der 81 Bogen hat, lange, bis ein Buch ausgesalzt ist; das Heften geht aber sehr rasch bei der Maschine. (Ueber Befragen.) Die Maschine wird mit dem Fuß in Bewegung gesetzt. Das ist eine monotone Bewegung, die, wie ich glaube, in allen Betrieben in Wien und auch bei mir von Mädchen gemacht wird.

Pros. v. Philippovich: Es wurde uns ein Hofbuchbinder genannt, bei dem auch Männer heften. Exp. Scheibe: Den kann man nicht zu uns rechnen, der macht nur Kundenarbeit; dort wird allerdings auch noch von Männern geheftet, doch kommt es sonst selten vor. Die Männer sind im Wochenlohn.

Wittelshöfer: Kommt bei der Buchbinderei auch das Bronziren vor? Exp. Scheibe: Ja, das machen Mädchen oder Hausknechte.

Wittelshöfer: Ist Ihnen bekannt, daß das Bronziren vom Gewerbe-Jnspector für Mädchen als unstatthaft und gesundheitsschädlich be­zeichnet wurde? Exp. Scheibe: Ich halte es nicht für gesundheits­schädlich. (Ueber Befragen.) Bei mir sind keine Mädchen unter 14 Jahren, und ich glaube auch nicht, daß dies anderswo vorkommt. Ich habe eine Einzige,