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drängung der Männerarbeit durch die Frauen beigetragen? Experte Scheibe: Ja, es gab früher weniger gebundene Bücher auf dem Markte. Der Buchhändler hat früher das rohe Buch verkauft. Im großen Ganzen scheint, daß mit dem Zunehmen des Absatzes auch die Frauenarbeit zuge­nommen hat.

Tr. Schwiedland: War die Ursache nicht auch, daß Frauen wohlfeiler zu haben sind? Exp. Scheibe: Das nicht, aber flinker sind sie, besonders in Arbeiten, die keine so große Anstrengung erfordern, daß unbedingt Männer verwendet werden müssen. Ich kenne übrigens einen Buchbinder, welcher zwei alte Arbeiter hat, die mehr salzen als manches Mädchen.

Dr. Ofner: Die Mädchen verdrängen also doch die Männer durch Unterbieten? Exp. Scheibe: Ich werde mir erlauben, einen speciellen Fall zu erzählen. Ich hatte in meiner Cartonage-Abtheilung vier Stanzen­pressen, mit welchen die Pappendeckel für die Cartons ausgestanzt werden. Der Gewcrbe-Jnspector kam zu mir und sagte, ich möge diese Arbeit bei der Presse von Männern machen lassen. Das Mädchen muß nämlich mit dem Fuß aus ein Brett treten, die Maschine gibt einen Ruck, der Fuß wird weggezogen und der geschnittene Pappendeckel herausgenommen. Der Gewerbe- Jnspector sagte, das sei Frauen nicht zuträglich. Daraufhin ließ ich Männer verwenden, aber die haben statt zu arbeiten geplauscht, einer hat sich die Finger weggestanzt, und dann habe ich wieder Mädchen dazu genommen. Die Maschine erfordert große Aufmerksamkeit. Ein Mädchen, das gar nichts bei der Maschine zu thun hatte, wollte in der Frühstückspause die Maschine versuchen sie konnte nicht abgestellt werden, weil die Accumulatoren ge­laden waren es geht hin, legt den Deckel hinein und die Hand darüber, und im Nu waren drei Finger weg. Das Mädchen war 15 Jahre alt und ist an den Folgen gestorben.

Vorsitzender: Sie sagen also, daß die Männer mehr schwätzen und unachtsamer sind als die Frauen? Exp. Scheibe: Ich habe diese Erfahrung gemacht und auch dem Gewerbe-Jnspector mitgetheilt. Er ist ganz einverstanden, daß ich zu dieser Arbeit Männer nicht mehr verwende.

Dr. Schwiedland: Nach der Statistik der Krankencasse würde sich ergeben, daß die größte Zahl der Arbeiterinnen in einem Alter zwischen 15 und 30 Jahren steht und daß ihre Zahl nach dem Alter von 30 Jahren rapid abnimmt. Woher kommt das? Exp. Scheibe: Weil sie gewöhnlich heiraten.

Mittels höfer: Wie steht es mit der Aufnahme von Arbeiterinnen? Exp. Scheibe: Ich habe nie nöthig, an die Genossenschaft zu schreiben. Zu mir kommen täglich viele Leute, die anfragen und sich um Arbeit melden. (Ueber Befragen.) In der Genossenschaft haben wir eine Arbeitsvermittlung, aber mit den Arbeitskräften aus der Genossenschaft ist es nicht weit her. Viele schreiben auch von draußen, bessere Arbeiter bekomme ich gewisser­maßen recommandirt.

W i t t e l s h ö f e r: Sie sagten, eine Arbeiterin kann 5000 Bogen im Tage falzen, Herr Veith sagte, sie könne höchstens 4000 Bogen falzen. Ich zweifle nicht, daß Sie nach Ihrer Erfahrung das Richtige gesagt haben. Wären Sie geneigt, uns vielleicht die Daten über die Falzerinnen zu liefern, damit wir im Stande find, daraus das Richtige zu eonstatiren? Exp. Scheibe: Gewiß, ich habe ja übrigens gesagt, daß 5000 Bogen eine seltene Leistung sind; 4000 Bogen sind schon eine gute Leistung.

Witte lshöfer: Kommt also das Nachsitzen bei Ihnen vor? Exp. Scheibe: Das mag höchstens einmal im Jahre vorgekommen sein, denn ohne mein Wissen kann es nicht geschehen, weil zehn Minuten nach dem Läuten das Licht ausgelöscht wird. Und wenn es einmal im Jahre vorkommt, so ist es kein Verbrechen vom Werkführer.

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