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Vorsitzender: Besteht bei Ihnen eine Kündigung? Experte Scheibe: Ja wohl, und zwar eine vierzehntägige; sie wird gegenseitig eingehalten.

Vorsitzender: Sind Geschenke an Werksührer üblich? Experte Scheibe: Ich glaube nicht, daß Geschenke von den Arbeitern gegeben werden, und wenn es vorkäme, würde ich es gewiß nicht gestatten. Ein Arbeiter hat einmal in der Furcht, entlassen zu werden, an den Werkführer einen Brief geschrieben und fl. 10 hineingelegt. Der Werksührer ist damit zu mir gekommen, hat den Brief mit den fl. 10 wieder versiegelt und zurückgeschickt.

Wittelshöfer: Wenn nun eine Arbeiterin bei Ihnen eingestellt ist und auch keine Arbeit hat, muß sie dann doch noch 14 Tage ohne Arbeit warten? Exp. Scheibe: Wenn sie anderswo Arbeit bekommt, so werde ich sie entlassen. Davon steht nichts in der Arbeitsordnung.

Vorsitzender: Was nehmen die Arbeiterinnen in der Pause zu sich? Exp. Scheibe: Ich sehe, daß sie ein Butterbrot oder eine Semmel, ein Stückchen Wurst, das sie sich vom Hanse mitbringen, essen. Holen lassen dürfen sie nichts, das steht in der Arbeitsordnung. Viele bringen sich eine Flasche Milch oder ein Glas Bier oder Kaffee in der Flasche mit und Wärmen es sich dort.

Vorsitzender: Wie sind die Arbeitsräume beschaffen? Experte Scheibe: Ich habe drei große Säle von circa 5«> Meter Länge und 2', Nieter Breite. Das ganze Fabrikslocal steht im Garten, und von allen Seiten ist Licht und Luft genug; es sind auch Ventilatoren angebracht. In -einem Raume sind 50 bis 70 Personen, und die Ventilatoren sind bei den Fenstern angebracht. Für jeden Saal sind zwei englische Aborte für männ­liche und davon getrennt zwei für weibliche Personen. Jede Woche kommen die Waschfrauen, um Tische und Bänke zu reinigen. Der Fußboden wird nur gekehrt und einmal im Jahre ausgewaschen. Es wird täglich gekehrt, und für die Papierschnitzel geht von jedem Stockwerke ein Schlauch herunter. Während der Mittagspause wird die Werkstätte geschlossen und die Maschinen werden abgestellt.

Vorsitzender: Wie groß ist der Raum, wo gegessen wird, den sie vorhin erwähnten? Exp. Scheibe: Für die wenigen vielleicht 20 Mädchen, die da essen, ist er groß genug. Die Meisten gehen nach Hanse, es ist Zeit genug. Eine Stunde Mittagspause genügt vollkommen; ich hatte früher anderthalb Stunden Pause, wurde aber ersucht, die Pause auf eine Stunde festzusetzen. Der Raum war früher größer, ich mußte aber die Hälfte für eine Accumulatorenkammer verwenden. In allen Localen ist Dampfheizung. In der Mitte eines jeden Saales steht für etwa 40 bis 50 Arbeiterinnen eine Waschvorrichtung mit Hochquellenwasser und zwei Lavoirs zum Kippen. Seife gebe ich nicht, stelle aber Handtücher bei, und zwar, wie ich glaube, vier bis fünf zu jedem Lavoir; zweimal wöchentlich wird gewechselt.

Dr. Verkauf: Lassen Sie denn, wenn ein Mädchen nachsitzen muß, für eine Person die ganze Beleuchtung und den ganzen Apparat funcäoniren? Exp. Scheibe: Nein; es kommt aber vor, daß mehrere dableiben und eine Accordarbeit fertigmachen. Es kommt auch vor, daß die Leute dutzendweise zu spät kommen, und so kommt es vor, daß an einem Tage sehr viele Strafen verhängt werden.

Vorsitzender: Sind Ihnen aus Ihrem Betriebe gewisse Krank­heiten oder ungünstige Einflüsse auf die Gesundheit der Arbeiterschaft be­kannt? Und haben Sie Schutzvorrichtungen? Exp. Scheibe: Un­günstige Einflüsse sind mir nicht bekannt. Schutzvorrichtungen sind überall angebracht, soweit es eben möglich ist. Gegen Ungeschicklichkeit gibt es keinen Schutz.