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noch eine größere Arbeit für Budapest, wo ich ein großes Pönale zu zahlen hatte, wenn ich nicht pünktlich liefern würde. Die Arbeit für Budapest ist fertiggemacht worden, dagegen mußten der Conducteur und das Telephon­buch liegen bleiben. Das machte mir weiter keinen Schaden.

Vorsitzender: Haben Sie zugestimmt, daß die anderen Arbeiter feiern konnten? Exp. Scheibe: Ja.

Exp. Grün wald: Herr Scheibe hat erzählt, daß er fünf Leute wegen Aufhetzerei entlassen habe. Nun ist mir bekannt, daß unter diesen ein Arbeiter war, der 15 Jahre bei Herrn Scheibe beschäftigt war. Das war einer seiner besten Arbeiter. Wie er bei Herrn Scheibe eingetreten ist, war er vollkommen gesund, nach 15 Jahren war er in Folge einer lang­jährigen Krankheit vollkommen entkräftet. Dieser Arbeiter hat sich einer sogenannten Verhetzung nie schuldig gemacht. Es wurde nun in unseren Kreisen die Meinung colportirt, daß Herr Scheibe diese Gelegenheit benützt hat, um den Arbeiter unter dem Borwande der Hetzerei zu entlassen.

Exp. Scheibe: Der betreffende Arbeiter sitzt ja hier. Ich habe den Mann lange Jahre hindurch immer und immer gewarnt. Ich habe ihm gesagt:Sie, Herr Ziegler, hetzen Sie die Leute nicht auf." Trotzdem habe ich ihn nicht entlassen. Die Leute sagen, sie sind nun froh, daß er draußen ist, jetzt haben sie wenigstens Ruhe. Anstatt daß er also auf meiner Seite gewesen wäre und gesagt hätte:Leute arbeitet, es ist nothwendig", hat er­ste aufgehetzt. In Folge dessen habe ich mich genöthigt gesehen, ihn zu ent­lassen. Ob er durch die Arbeit krank geworden ist oder nicht, weiß ich nicht, vielleicht wäre er, wenn er wo anders gearbeitet hätte, gar nicht mehr am Leben.

Vorsitzender: Worin haben Sie das Aufhetzen erblickt, nachdem Sie erklärt haben, bereit gewesen zu sein, den 1. Mai feiern zu lassen, wenn nicht dringende Bestellungen vorhanden gewesen wären?Exp. Scheibe: Daß auch die nicht arbeiten dürfen, die hätten arbeiten sollen. Herr Ziegler hätte nicht arbeiten brauchen. Er hat sich hinaufgestellt und gerufen:Hoch der 1. Mai und die Socialdemokratie! Morgen kommt Ihr nicht!"

Exp. Ziegler: Nachdem mein Name hier genannt wurde, erlaube ich mir einige Worte zu bemerken. Ich habe nicht nur das vollste Vertrauen des Herrn Scheibe, sondern auch das Vertrauen meiner Collegen genossen. Ich habe noch in den letzten Tagen mit dem Bruder des Herrn Scheibe eine Unterhandlung gehabt, ob es nicht möglich wäre, den 1. Mai freizu­geben. Wir haben berechnet, daß die ganzen Arbeiten hinauskommen können, und wir haben uns bereit erklärt, bis Mittag zu arbeiten, so daß die dringendsten Arbeiten fertiggestellt werden können. Das wäre ganz gut möglich gewesen. Mir ist nun der 1. Mai freigegeben worden und auch einigen Anderen. Ich habe aber gesagt, wenn nicht Alle frei haben, werde ich den 1. Mai nicht feiern, nachdem ich im Namen Aller gesprochen habe. Zur Charakteristik möchte ich erwähnen, daß mein Arbeitsbuch schon am 50. April ausgestellt wurde. Die Herren haben also schon am 30. April gewußt, daß ich am 1. Mai nicht mehr arbeiten werde. Ferner wurde gesagt, daß wir zum Strike aufgehetzt hätten. Wir haben nicht dazu aufgefordert, sondern wir haben den Collegen zugeredet, sie sollen keinen Unsinn machen, sie sollen nicht in einen Strike treten, nachdem die Conjunctur ungünstig sei, und in diesem Sinne ist auch beschlossen worden. Nach Feierabend ist eine große Anzahl von Leuten zu mir gekommen und haben gesagt, ich soll etwas machen, sie wollen am 1. Mai nicht arbeiten, nachdem sie sich die ganzen Wochen geplagt haben. In letzter Stunde ist der Fabriksdirector gekommen und hat gesagt:Am 1. Mai könnt Ihr nicht feiern." Das hat die Mädchen furchtbar aufgebracht, so daß sie ganz energisch erklärt haben, wir arbeiten nicht. Daß wir aber Jemanden zurückgehalten haben, muß ich ganz entschieden bestreiten.

Dr. Verkauf: Ist Ihnen etwas darüber bekannt, warum die Mädchen