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Tr. Verkauf: Die Expertinnen haben umgekehrt behauptet, mit dem Schlecken geht es schneller. Sind die Arbeiterinnen im Accord'? Exp. Löwit: Bei größeren Aufträgen sind sie im Accord; bei kleineren nicht, denn es würde sich nicht lohnen, 100 oder 200 Stück im Accord arbeiten zu lassen.

Dr. Verkauf: Warum würde es sich nicht lohnen? Experte Löwit: Die Leute thun es selbst nicht gerne. Bei großen Mengen bekommen die Leute entsprechend viel Material zugetheilt, so daß sie ununterbrochen fortarbeiten können, was aber bei kleinen Aufträgen nicht der Fall ist. Es würde sich da also auch für die Leute die Arbeit im Accord nicht lohnen.

Dr. Verkauf: Warum nicht? Exp. Löwit: Weil dazu mehr Vorbereitungen nöthig sind, und dadurch ginge den Leuten zu viel Zeit ver­loren. Ich thue das also im Interesse der Leute, nicht in meinem Interesse. Die Leute arbeiten sonst im Stücklohn schneller und kommen auch dabei besser weg. Wenn im Wochenlohne gearbeitet wird, bekommen die Arbeiter den betreffenden Quotienten pro Stunde. Wenn z. P. ein halber Tag im Accord gearbeitet wird und ein halber Tag im Wochenlohn, so wird der Lohn für diesen halben Tag berechnet.

Pros. v. P h il ip p o v i ch: Ich will nur feststellen, daß es von einem Betriebe in dem Berichte des Gewerbe-Jnspectors vorn Jahre 1880 heißt, daß die Arbeiterinnen angelernt werden, die Schnitzel mit Speichel zu be­feuchten.

Experte Herr Michael Newikluf (Chef der Firma Ad. Bergl L Co.): Alle die Uebelstände, welche hier die Expertinnen angegeben haben, kommen, wie ich zugeben muß, leider größtentheils vor. Ich will nicht sagen, wie, wann und wo, denn ich muß mir Zurückhaltung auferlegen. Es gibt in Wien angeblich 200 Betriebe; ich glaube aber, daß es in Wirklichkeit 30«> sind, denn Jeder, der sich bei unserem Fach fl. 10 erspart hat, kauft sich um fl. 5 Pappendeckel und um fl. 2 Leim und ist Concurrent. Ich glaube nicht, daß die Expertinnen die Uebelstände, die sie hier angeführt haben, erfunden haben. Auch das Fleckerlschlecken kommt sehr oft vor, größtentheils aber nur dort, wo die Mädchen im Accord arbeiten. Im Accord muß man eben schneller, von der Hand in den Mund arbeiten.

Vorsitzender: Sie führen das also auf die Lohnform zurück? Exp. Newikluf: Gewiß. Bei mir haben die Mädchen warmes Wasser und einen Fetzen. Ich thue das mit großen Opfern, denn gewisse Sorten, sagen wir z. B. Hutcartons, zahlt Einer im Accord per 100 Stück mit fl. 1'40 bis 1 50, während ich dafür fl. 2 bis 2Vr bezahle. Bei mir ist eine zehnstündige Arbeitszeit und Wochenlohn und daher kommen solche Uebel­stände nicht vor. Wo sie im Accord sind, sind sie gezwungen, anders zu arbeiten.

Vorsitzender: Gibt es nach Ihrer Meinung dagegen keine Ab­hilfe? Exp. Newikluf: Ich bin überzeugt, wenn der Herr den Mädchen auch sagt, macht keine solche Schweinerei, so würden sie es doch thun, um schneller zu arbeiten.

Vorsitzender (zum Experten Löwit): Wie nehmen Sie Ihre Arbeiterinnen aus? Exp. Löwit: Die Arbeitsvermittlung wird sehr selten benützt. Die alten Arbeiterinnen kommen von selbst.

Vorsitzender: Wie ist es mit dem Lohn? Exp. Löwit: Es ist zum Theil Zeitlohn, zum Theil Accordlohn. Wenn ein Mädchen aus­genommen wird, so wird ihr eine gewisse Arbeit zugewiesen, auf die sie sich einarbeitet. Der Lohn beträgt fl. 4V2 bis 5'.4, auch fl. 6 bis 8. Das hängt von der Geschicklichkeit ab.

Vorsitzender: Wie viel bekommt sie beim Eintritt? Experte Löwit: fl. 4 bis 402 nach ihrer Geschicklichkeit. Eine Abzieherin wird mit fl. 5'/s aufgenommen. Es gibt wohl Anfängerinnen, aber keine Lehr-