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Vorsitzender: Zeigt er Ihnen im Büchel, was er dort ein­geschrieben hat? Exp. Nr. 90: Ja, da schreibt sich der Mann alle Tage zu Hause auf, was er verdient.

Vorsitzender: Sie selbst aber bekommen vom Werkmeister nichts eingeschrieben. Wenn Ihnen nun der Mann, obwohl er fl. 20 bekommen hat, sagt, daß er nur fl. 15 erhalten hat, was thun Sie da? Exp. Nr. 90: Wenn er verheiratet ist, arbeitet er ja mit seinem Weib. lind die Andere, mit der er gearbeitet hat, muß er auch auszahlen; da geht er in die Wohnung und gibt ihr das Geld.

Vorsitzender: Was macht denn eigentlich der Mann bei der Arbeit? Exp. Nr. 90: Der muß den Lehm machen. Er macht die Masse an. Er hat den ganzen Tag zu thun, und da muß ich ihm noch helfen, sonst könnte er die Masse auf 1000 Ziegel nicht führen. Bei Extra­ziegeln muß der Lehm fein sein. Er macht das an, und die Frau macht dann die Ziegel und schlägt sie fest.

Frl. Fickert: Der Mann arbeitet also etwas länger; auch scheint seine Arbeit schwerer zu sein als die der Frau? Exp. Nr. 90: Ja, er muß mit dem Lehm fahren, muß ihn in die Truhe werfen. Da hat er ein Band, das gibt er sich um den Hals; dann muß er mit der Scheibtruhe hinaufsteigen, und da muß er sich natürlich anstrengen, bis er mit dem Lehm hinaufkommt. Dann muß er sie umwerfen.

Vorsitzender: Könnte die Frau diese Arbeit nicht machen? Exp. Nr. 90: Ich habe sie oft gemacht, wie ich noch ein Mädel war. Mein Vater war krumm, und da habe ich mitgeholfen. Ich habe oft mitgeführt; natürlich habe ich nicht so viel eingefaßt, etwas weniger, aber es war doch gut für ihn, daß ich mitgeholfen habe; die Arbeit ist ihm leichter geworden.

Vorsitzender: Sind Sie in die Schule geschickt worden? Exp. Nr. 90: Ich bin im Ganzen nur ein halbes Jahr in die Schule ge­gangen. Da haben wir monatlich 21 kr. gezahlt, und da konnten mich die Eltern nicht schicken. Wir waren ein paar Kinder, und diejenigen darunter, die schon ein bisset größer waren, haben geschaut, den Eltern zu helfen.

Vorsitzender: Haben Sie lesen und schreiben gelernt? Expertin Nr. 90: Ein bisset, aber nicht viel. Das habe ich erst nachträglich mir an­geeignet. Wenn ich nach Hause gekommen bin, habe ich Gedrucktes in die Hand genommen und buchstabirt. Und so habe ich ein bissel gelernt.

Vorsitzender: Ist in der Nähe des Ziegelwerkes eine Schule? Exp. Nr. 90: Eine halbe Stunde weit.

Dr. Ofner: In welchem Alter haben Sie eigentlich angefangen, gegen Bezahlung zu arbeiten? Exp. Nr. 90: Mit dem 14. Jahre. Früher werden die Kinder nicht aufgenommen. Bis zum 14. Jahre habe ich nur mitgeholfen.

Frau Popp: Sie haben früher gesagt, der Partieführer mißt die Arbeit, die Sie fertiggestellt haben, das wird von ihm aufgeschrieben, und darnach wird berechnet, was Sie verdient haben. Können Sie da bei dem Messen zuschauen, damit Sie sehen, ob er wirklich so viel mißt, als Sie gemacht haben? Exp. Nr. 90: Zuschauen kann man schon, wie der Mann messen thut. Aber wer sich nicht auskennt . . .

Frau Popp: Und kommt es da nicht vor, daß z. B. die Frauen glauben, daß sie so und so viel in der Woche gearbeitet und daher so und so viel verdient haben, und daß sie weniger Lohn bekommen? Kommt es da nicht vor, daß sie der Meinung sind, der Partieführer habe weniger gemessen, als sie gearbeitet haben? Glauben sie da nicht, daß der Partie­führer. sagt, sie haben weniger gearbeitet, und daß das zum Nutzen der Gesellschaft ist? Exp. 4: Das kommt ihnen nicht einmal in den Ge­danken. Bei den Leuten ist es halt so: was sie kriegen, das nehmen sie.

Dr. Schiff: Wissen Sie denn, wie viel Sie für die Arbeit zu be-