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Wochenbette? Geschieht das mitten in der großen Gesellschaft, die dort ist? Exp. Nr. 90: Es trifft sich, daß eine Entbindung vorkommt, wo hübsch viel Familien beisammen sind. Wenn die Männer nur ein biffel Charakter haben, so bleiben sie nicht im Zimmer, sondern gehen hinaus. Die größeren Kinder weiß man schon hinauszubringen.

Pcrnerstorfer: Aber von den Anderen kann man Niemanden hinausschaffen? Exp. Nr. 90 : Wenn Einer nicht selbst geht, hinausschaffen kann man ihn nicht.

Bardorf: Wenn so viele Familien beisammen sind, wie steht es mit dem Kochen? Kommt da nicht oft ein Streit vor? Exp. Nr. 90: O ja. Jede will ja früher gekocht haben. Natürlich, das, was auf die heißeste Platte gestellt wird, wo das bischen Feuer ist, kommt allein zum Sieden; hinten bleiben die Häfen ganz kalt. Und da heißt es oft: Du hast gekocht und ich noch nicht! Die früher kommt, stellt ihre Häfen auf die erste Platte.

Bardorf: Also ein Kampf um die heiße Platte! Jetzt, wo Sie nur zwei Familien im Zimmer sind, ist es etwas leichter? Exp. Nr. 90: Ja. Da gibt jede von uns das, was sieden muß, auf die erste Platte, das Uebrige geben wir etwas weiter.

Pros. Gruber: Wie haben Sie denn zu Lebzeiten Ihres Vaters gewohnt? Exp. Nr. 90: Da waren wir zehn Familien in einem Zimmer, und jede Partei hat drei bis vier Kinder gehabt. Wenn es Winter war, mußte sich jedes Kind in den Winkel setzen, wo unser Platze! war. -

Pros. Grub er: War da ein Stubenvater, der die Ordnung auf­recht gehalten hat? Exp. Nr. 90: Nein, dazu haben wir die Eltern gehabt.

Dr. Schiff: Was steht in Ihrem Zimmer noch, außer dem Herd und den vier Betten? Exp. Nr. 90: Da ist noch ein Kasten und ein Häng- kasten: und die andere Familie hat einen Kasten, eine Truhe, einen Tisch, eine Bank, einen Sessel und zwei Betten, und von jeder Familie ist ein Tisch da.

Dr. Schiff: Wohnen alle Arbeiter der Wienerberger Ziegelfabrik in solchen Häusern? Exp. Nr. 90: Es gibt verschiedene Wohnungen.

Dr. Schiff: Aber alle wohnen in Häusern? Man hat nämlich viel davon gelesen, daß die Arbeiter früher zum Theil nicht in Häusern gewohnt haben, sondern in Räumen, die gegen die Kälte nicht geschützt waren. Kommt das nicht mehr vor? Exp. Nr. 90: Es kommt noch vor. Da sind z. B. alte Oefen, oder es sind Leute unterirdisch, und oben auch. Da sind an einem Orte 27 Personen.

Dr. Schiff: Da ist das oben gedeckt? Exp. Nr. 90: Es regnet in's Zimmer. Wenn ein Wind geht, regnet es auch bei uns herein, es geht durch die Mauer durch, weil sie nur einen halben Ziegel stark ist.

Dr. Schiff: Da sind 27 Personen in der Wohnung! Ist dort auch ein Herd? Exp. Nr. 90: Ja, der ist dort. Zu der Wohnung führen zwei hölzerne Stiegen, die aber so steil sind, daß, wenn man hinaufgeht, man immer glaubt, man fällt wieder zurück.

Dr. Schiff: Wie viel Familien bilden diese 27 Personen? Exp. Nr. 90: Bier Familien und dann sind noch ledige Burschen da, drei oder vier auf ein Bett.

Dr. Schiff: Arbeiten Sie auch über 8 Uhr Abends? Expertin Nr. 90: Früher haben die Männer, die Lehm scheiben, bis 9 oder 10 Uhr Abends gearbeitet, oder auch bis sie den Lehm fertiggebracht haben. Seit dem vergangenen Jahre müssen sie weniger arbeiten.

Dr. Ofner: In dem Zimmer, wo 27 Leute sind, wie viele Herde sind da? Exp. Nr. 90: Einer.

Dr. Ofner: Können fünf bis sechs Frauen zugleich ihre Speisen kochen? Exp. Nr. 90: Der Herd steht in der Mitte, und da kommen zu.