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kann, wann er will, und daß auch der Director Jeden, wann er will, weg­schicken kann, auch unter der Arbeitszeit. Zum Beispiel, er kommt, und Eine spricht oder steht irgendwo, dann sagt er: So, Sie kann ich nicht brauchen, ziehen Sie sich an, und holen Sie sich Ihr Buch.

Dr. Schiff: Sie haben uns eine ganze Menge von Arbeiten genannt, können Sie denn alle diese in drei Wochen erlernen? Exp. Nr. 99: O ja.

Dr. Schiff: Wie lange sind Sie in der Bronzirkammer? Expertin Nr. 99: Eine Stunde, oft länger, und zwar ein paar Tage hintereinander täglich. Davon bekommt man meist Kopfweh.

Dr. Riedl: Wird der Vernirlack nicht mit Aether angemacht? Exp. Nr. 99: Das weiß ich nicht. (Ueber Befragen des Vorsitzenden.) Unsere Arbeitszeit ist im Winter von v <8 Uhr Früh bis V 4 ? Uhr Abends, im Sommer von ^7 Uhr Früh bis V 46 Uhr Abends. Zu Mittag ist 'eine Stunde Pause, Vormittags- oder Nachmittagspausen gibt es nicht. In der Saison machen wir Ueberstunden, aber meist nur zwei. Nachtarbeit gibt es nicht. An Sonntagen wird nicht gearbeitet und auch an Feiertagen nur selten, und zwar bis Mittag. Wir arbeiten im Accordlohn. Derselbe ist je nach den Lüstern verschieden; er beträgt 12 , 15, 20 , 35 bis 60 kr. Eine flinke Arbeiterin kann von den schlechten Lüstern fünf bis sechs Stück in: Tag machen; sieben schon nicht mehr. Der größte Wochenlohn, den ich bisher gehabt habe, war sl. 7, der geringste fl. 4. Es gibt aber auch Arbeiterinnen, die sich schon weniger wie fl. 4 verdient haben'; mehr wie fl. 7 aber kann man sich nur beim Stundenmachen verdienen; da sind vielleicht zwei oder vier Arbeiterinnen, die schon sehr lange in der Fabrik arbeiten und außer­ordentlich geübt sind, die das zu Stande bringen. Der Accord ist sowohl in der Saison wie in der stillen Zeit der gleiche. Vor zwei Jahren wurde noch mehr gezahlt. Wir müssen keinerlei Werkzeug oder Material beistellen. Für Ueberstunden bekommen wir denselben Accordlohn wie für die gewöhn­lichen Arbeitsstunden.

Dr. Verkauf: Wenn Ueberstunden gemacht werden, wird es da angeschlagen, daß die Gewerbebehörde die Bewilligung ertheilt hat? Exp. Nr. 99: Ja. (Ueber Befragen des Vorsitzenden.) Es kann bei uns keine Arbeit nach Hause genommen werden. Es arbeiten mit uns auch drei Männer, zwei Arbeiter und ein Vorarbeiter. Diese haben auch Accordlohn; sie machen meist die großen Schirme, wofür mehr gezahlt wird, und ver­dienen sich in der Saison fl. 12 bis 14 wöchentlich. Wegen schlechter Arbeit werden uns keine Abzüge auferlegt, sondern wir müssen die Arbeit nochmals machen. In der Fabriksordnung steht von Strafen nichts darin; wenn man aber zu spät kommt, so muß man bis 8 Uhr vor dem Thürl stehen und von dem Portier alle möglichen Grobheiten anhören und sich dann in's Comptoir entschuldigen gehen. Kommt man aber an einem Montag zu spät, dann heißt es gleich, wir machen blau, und dann muß man bis am Donnerstag aussetzen. In der Fabriksordnung steht aber nichts davon. Kommt man an einem Nachmittag zu spät, so darf man gar nicht mehr hinein, sondern kann erst wieder am nächsten Morgen zu arbeiten anfangen.

Mittels höfer: Sind die Stücke, die Sie arbeiten, nicht sehr ver­schieden von einander? Exp. Nr. 99: Ja.

Wittelshöfer: Wie wird denn dann der Lohn bemessen? Exp. Nr. 99: Es ist eine Liste da, in der steht: Für diese Lampe oder für diesen Lüster so und so viel; darin kommt jedes Muster vor.

Dr. Ofner: Sie sagten, daß früher mehr gezahlt wurde. Expertin Nr. 99: Ja, früher wurde für einen Lüster, der jetzt mit 7 kr. bezahlt wird, 10 kr. gezahlt. Es war das vor mehr als einem Jahre. (Ueber Befragen des Vorsitzenden.) In unserer Fabrik waren in der Anstreicherei immer Frauen beschäftigt. Wir müssen Ueberstunden machen; denn wenn Eine nach Hause gehen will, so muß sie einen Passirschein erbitten; sie erhält ihn aber