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oder Mantel? Exp. Nr. 90: Nein. (Ueber Befragen des Vorsitzenden.) Das Local, in welchem ich arbeite, ist im Parterre und hat fünf oder sechs Fenster..Es arbeiten in der Saison über 20 Personen. Ventilation ist keine, aber die Fenster können ausgemacht werden. Im Winter aber läßt dies der Vorarbeiter nicht zu, weil man immer friert. Wenn er hineinkommt und wir haben ein bischen ausgemacht, so läßt er geschwind zumachen. Der Fußboden wird nicht gereinigt, er ist zwei Finger hoch voll Schmutz. Die Tische werden von den Arbeiterinnen selbst mit Spiritus und Terpentin abgewaschen, ohne daß sie eine Entschädigung dafür bekommen. Die Wände werden nicht geweißt. Die Fenster werden von einer Lohnarbeiterin geputzt, aber auch nur selten. Es wird täglich ausgekehrt, aber der Lack und die Bronze können nicht weggekehrt werden; das bleibt picken. Der Fußboden ist zum Theil von Holz, zum Theil die einfache Erde. Die Fenster gehen in den Hof und in den Garten. Die Aborte sind sehr schlecht. Es sind in der ganzen Fabrik deren sieben für mehr als 200 Arbeiter. Die Aborte sind zwar für Männer und Frauen getrennt, aber das kann nicht eingehalten werden, denn es sind zu wenig, und wenn man warten muß, so richtet man sich eben nicht darnach. Die Aborte werden am Sonntag gereinigt; während der Woche sind sie immer sehr unrein. Zu vier Aborten muß man erst über den Hof gehen; die anderen sind am Gang.

W ittel s h ö f er: Wo ist das Bronzirzimmer? Exp. Nr. 99: Es schließt sich an das Arbeitslocale an. Es ist ein größeres Zimmer, das aber nicht gelüftet werden kann; denn wenn man die Fenster öffnet, so fliegt der Staub direct aus die Arbeiterinnen im Arbeitslocal. Es wird auch außerhalb der Arbeitszeit nicht gelüftet. Es stehen aber die Thüren immer offen, denn der Herr hat sie aushängen lassen, damit man die großen Gegenstände hineintragen kann.

Dr. Schiff: War der Gewerbe-Jnspector schon bei Ihnen? Exp. Nr. 99 : Wenn der kommt, dann wird gelüftet und alles Mögliche gethan; die Bronzeschachteln werden versteckt, es bekommt Jede eine schöne Arbeit und braucht sich nicht zu tummeln.

Vorsitzender: Haben Sie schon eine solche Aufführung mit­gemacht? Exp. Nr. 99: Ja, voriges Jahr.

Vorsitzender: Woher wissen denn die Leute, daß der Gewerbe- Jnspector kommt? Exp. Nr. 99: Weil er zuerst in's Comptoir geht, und bis er in die Fabrik kommt, ist schon Alles hergerichtet.

Vorsitzender: Warum verstecken Sie denn die Bronzeschachteln? Exp. Nr. 99: Weil das trockene Anreiben nicht nothwendig ist; es könnte auch naß gemacht werden. Exp. X: Bei uns weiß man es schon l4 Tage vorher, daß der Gewerbe-Jnspector kommt; denn damals hat es schon 14 Tage früher geheißen, die Kisten hinaus, Alles geputzt u. s. w.

Dr. Schiff: Das steht doch im Widerspruch mit den Angaben der Expertin? Exp. L: Die weiß es halt nicht so.

Dr. Schiff: Ist da der Gewerbe-Jnspector allein gekommen? Exp. L: Nein, es waren vier oder fünf Herren, es war eine Commission.

Vorsitzender: Aber daß es früher bekannt würde, daß der Ge­werbe-Jnspector kommt, das halte ich für unmöglich. Es wird halt irgend eine andere Commission gewesen sein? Exp. L: Das weiß ich nicht, es war eine Commission, die hat auch nur einzelne Theile besichtigt, z. B. die Galvanisirung, wo sie die Benzinflaschen sehr beanstandet hat.

Dr. Schiff: Sind diese Anstünde beseitigt worden? Exp. T: Ja, alle.

Dr. Schiff: Wie viele Wochenlohnarbeiterinnen sind bei Ihnen ? Exp. Nr. 99: Eine oder zwei, die haben, glaube ich, fl. 4'20 oder 4'80. (Ueber Befragen des Vorsitzenden.) In der Anstreicherei sind die meisten Arbeiterinnen ledig, nur eine ist verheiratet. Ich wohne im Bezirk Hietzing und habe eine