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Dr. Schwab: Wie viel Ueberstunden haben Sie in dem jetzigen Betriebe täglich? Exp. Nr. 101: Manchmal zwei bis drei Stunden.

Dr. Schwab: Wie wird das kundgemacht? Exp. Nr. 101: Durch einen Zettel, auf welchem steht, daß die Ueberstunden bewilligt worden sind.

Dr. Schwab: Durch wie lange Zeit machen Sie die Ueberstunden?

Exp. Nr. 101: Durch zwei bis drei Wochen.

Dr. Schiff: Werden in der todten Saison Arbeiterinnen entlassen?

Exp. Nr. 101: In dem gegenwärtigen Betriebe nicht, in dem früheren hat man Leute aufgenommen und sie schon nach vier bis fünf Wochen entlassen.

Dr. Schiff: Haben Sie sich in den früheren Betrieben besser oder schlechter gestanden? Exp. Nr. 101: Ebenso wie jetzt, denn was ich mir dort in der besseren Zeit mehr verdient habe, habe ich in der schlechten Zeit zugesetzt.

Expertin Nr. 102 (über Befragen des Borsitzenden): Ich bin Hilfs­arbeitern in demselben Betriebe wie die letzte Expertin. Vor fünf Jahren bin ich als junges Mädchen zu einer anderen Firma gekommen; seit Montag vor 14 Tagen bin ich nicht mehr dort. Wir haben nämlich in der Fabrik eine tz 2-Versammlung einberufen, damit sich die Arbeiter und Arbeiterinnen organisiren. Der Herr war damals in Abbazia, weil er leidend war. Nun habe ich mir erlaubt, in dieser Versammlung einige Worte zu sprechen. Das hat ihm die Werksührerin hinterbracht, und seit der Zeit war er schlecht auf mich zu sprechen. Nun hatte ich vor 14 Tagen mit einer anderen Arbeiterin einen kleinen Zwist; der Vorgesetzte war nicht im Zimmer, und da kam der Herr auf einmal herein, ging auf unseren Tisch zu und hat mich, weil ich eine solche Handlungsweise während der Arbeit begehe, entlassen.

Vorsitzender: Haben Sie Ihre Collegin beschimpft? Expertin Nr. 102: Nein, wir waren übermüthig und haben uns gerauft. Der Herr hat, wie er hereingekommen ist, gesehen, wie ich von meinem Platz aus­gestanden und zu ihr gegangen bin.

Vorsitzender: Ist sie auch entlassen worden? Exp. Nr. 102: Nein, sie war die Tochter einer Werksührerin in der Schleiferei, und da hat der Herr Rücksicht genommen. (Ueber Befragen des Vorsitzenden.) Es waren dort bei 80 Personen beschäftigt, und zwar Männer und Frauen. Im Winter war die Arbeit schwächer, im Sommer und Herbst etwas besser. Die Frauen sind dort in der Mehrzahl. Es sind dort auch Kinder unter 14 Jahren beschäftigt; ich selbst bin mit 13 Jahren in die Fabrik gekommen, und vor ein paar Monaten haben wir ein Lehrmädchen gehabt, die war im 13. Jahre. Sie wurde entlassen, aber nicht, weil sie so jung war, sondern weil sie verschiedene Sachen entwendet hat. Ich habe das Mechaniques- Aufklopfen gemacht. Es sind nur Zwei, Drei, die das machen. Das ist eine heikliche Arbeit; sie ist zwar im Großen und Ganzen sehr leicht, aber es gehört Geschicklichkeit dazu. Die Mechanique ist aus fünf Stücken zusammengesetzt, und wenn man nicht das nöthige Gefühl in den Fingern hat, so fallen Einem diese kleinen Dinger aus der Hand. Die Arbeiterinnen recrutiren sich meist wieder aus Arbeiterkreisen. Die Lehr­mädchen bekommen bei uns in der ersten Woche st. 2, nach einem

halben Jahre 50 kr. Zulage, und nach einem weiteren Halbjahr wieder

50 kr. mehr. Sie müssen im Ganzen zwei bis zweieinhalb Jahre

lernen. Wir benützen die allgemeine Arbeitsvermittlung; jene, welche

in der Organisation stehen, werden von der Gewerkschaft der Metallarbeiter recommandirt. Aber es sind nicht viele Arbeiter und noch weniger Arbeite­rinnen in der Organisation. Unsere Arbeitszeit war von 7 Uhr Früh bis 6 Uhr Abends mit einer einstündigen Mittagspause und einer Frühstücks-