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20. Sitzung, Sonntag, 22. Wär;, Vormittag.

Vorsitzender: Dr. Verkauf.

Beginn der Sitzung 9 Uhr 30 Minuten Vormittags.

Experte 1/: Ich bin in einer Flaschenkapselfabrik. Dort werden Champagner- und Gläserkapseln erzeugt, wie sie auf die Korke darauf­kommen. Es sind dort fast durchwegs Frauen beschäftigt, indem unter den 250 Angestellten nur etwa zwölf Männer sind. Die Kapseln sind aus Blei, Britannia- und Hartmetall, meist aus Blei. Das Metall wird in Kesseln ge­schmolzen. Der Vorgang ist sehr sanitätswidrig, denn der Ranch und der Geruch verlegt Einem den Athem. Es ist dafür ein separater Raum, aber der Rauch verbreitet sich über die ganze Fabrik. Es ist ein Fenster darin, dieses genügt aber nicht, um einen Rauchabzng zu schaffen. Das Schmelzen wird von zwei Männern besorgt, von Frauen aber nicht. Das geschmolzene Metall wird von den Schmelzern in eine Form gegossen und dann gewalzt. Wenn das Blech die gewünschte Stärke hat, so wird es von einer Dampf­maschine, bei welcher vier Frauen beschäftigt sind, zu Plättchen geschnitten. Tann kommt es zu den Druckerinnen oder zu den Streckerinnen. Diejenigen Kapseln, welche gefärbt werden, kommen znm Färben, die anderen werden gleich geprägt. Da wird mit einer Dampfmaschine der Name der Firma und die Weinsorte hineingepreßt. Dabei sind auch nur Frauen beschäftigt. Die Schutzvorrichtungen dabei sind sehr mangelhaft. Männer sind überhaupt nur beim Schmelzen, Walzen und Packen beschäftigt. Beim Packen sind zwei Männer und eine Frau, welche das Papier rollt. Es werden nämlich je 100 bis 200 Kapseln in ein Papier hineingelegt. Die Streckerinnen und Trnckerinnen müssen den ganzen Tag stehen, und zwar aus einem Fuß, mit dem anderen Fuß müssen sie den Tritt in Bewegung setzen. Beim Färben sind giftige Farben in Verwendung. Bei den Pntzerinnen entsteht sehr viel Staub, da mit Kreide geputzt wird. Das geschieht sehr rasch mit einer Maschine, die l500 Touren in der Stunde macht. Die Kreide wird davon ganz schwarz. Da die Frauen immer mit Blei arbeiten, so ist Bleikolik bei ihnen sehr häufig. In der Pntzerei entsteht ein solcher Staub, daß man die Pntzerinnen, wenn sie kurze Zeit arbeiten, gar nicht erkennt, so schmutzig sind sie.

Expertin Nr. 103: Ich war auch beim Aufmachen. Was die Drucke­rinnen aus den Maschinen drucken, das muß ich aufmachen.

Exp. ll: Da werden immer 100 Stück genommen und ausgemacht. Wir haben etwa 45 Druckerinnen und 98 Streckerinnen in unserer Fabrik. Die Anzahl der Pntzerinnen und Färberinnen kann ich nicht genau angeben. Das Färben geschieht.mit gelber, rother, blauer und rosa Farbe. Da sind schnelllaufende Zapfen, an die hält man ein Gnmmiwälzchen hin, und damit wird gefärbt. Es geht sehr rasch, und eine Arbeiterin arbeitet immer bei mehreren Zapfen. Die Prägerin bekommt für 1000 Stück 5 kr. Wenn sie den ganzen Tag von der Arbeit nicht aufsteht, so kann sie 25- bis 28.000 Stück machen. Da kann sie natürlich keine Schutzvorrichtungen mehr anwenden. Als Schutzvorrichtung dient nämlich ein Arm, der in dem Moment, wo die Presse heruntergeht, die Hand wegschleudert, damit sie nicht hineinkommt. Diesen Arm muß nun die Presserin wegschieben, bannt sie rascher arbeiten kann. Die Maschine geht sehr rasch, und deshalb muß sie immer nach zwei Touren die Maschine mit dem Fußtritt aufhalten, weil sie sonst nicht nach­kommen würde. Es ist eine große Fabrik. Die Räumlichkeiten sind im Parterre gelegen; sie sind hoch, aber es ist eine schlechte Ventilation, und der Geruch und Ranch vom Schmelzen verbreitet sich in der ganzen