mich überanstrengen. Nachmittags hören wir schon um V 46 Uhr wegen des Waschens und Umziehens zu arbeiten auf.
Dr. Maresch : Glauben Sie, daß Sie vielleicht in kürzerer Arbeitszeit auch dasselbe Quantum machen könnten? — Exp. Nr. 105: O ja, denn die zehn Lampen, die man in einer Stunde machen kann, könnte man in der übrigen Zeit schon einbringen, wenn die Arbeitszeit auch um eine Stunde kürzer wäre. Man wäre besser ausgeruht und würde sich vielleicht beim Essen mehr tummeln. (Ueber Befragen des Vorsitzenden.) Wir müssen dem Werkmeister keine Geschenke geben, aber in anderen Werkstätten geben sie dem Werkmeister zu seinem Namenstag als Ueberraschung ein Bouquet. Bei uns aber nicht, weil bei uns nur acht Mädchen und im Uebrigen Männer sind. Wir sind in einer Werkstätte mit den Metalldruckern, denn wir müssen das putzen, was die drucken. Die Art der Ernährung ist bei uns dieselbe wie bei allen Anderen. Sie nehmen sich Kaffee für Frühstück und Jause mit, gehen zu Mittag in die Volksküche oder in die Theeanstalt, die Frauen, welche eine Familie haben, kochen in der Nacht und gehen zu Mittag nach Hause und wärmen es auf. Ich gehe nach Hause. Ich habe nämlich eine kranke Mutter, für die ich das Essen wärmen muß. Meine Schwester und ich müssen die Mutter erhalten. Ich koche meist Gemüse. Fleisch haben wir die ganze Woche nicht. Unsere Fabrik enthält große, luftige Räume. Es wird täglich vom Hausknecht aufgespritzt und ausgekehrt, und auch wir Arbeiterinnen kehren täglich zu Mittag bei den Bänken den Schmutz weg. Der Fußboden wird niemals ausgerieben. Auch die Wände sind, seitdem ich in der Fabrik bin, noch nicht geweißt worden. Ich habe in diesen Tagen vom Werkführer gehört, daß im Sommer geweißt werden soll. Die Fenster gehen theils auf die Gasse, theils in den Hof. Das Local ist sehr licht und groß, weil es über die Ecke geht; es befinden sich darin 40 Personen, nämlich wir und die Drucker. Das Local hat 17 Fenster, die wir alle Tage aufmachen. Jedes Fenster hat 24 Scheiben, acht davon zum Aufmachen, sechs zum Hinansschauen und oben ist Oberlicht. Der Abort wird von einer Arbeiterin gewaschen und geputzt, wofür wir ihr monatlich 1 bis 2 kr. zahlen. Diese Arbeiterin ist eine Accordarbeiterin, sie wird vom Herrn dazu nicht bestellt, sie besorgt diese Reinigungsarbeit freiwillig. Die Aborte sind recht schmutzig, denn von oben aus dem Reservoir kommt der ganze Gießerstanb hinein. Wir acht Putzerinnen haben mit 25 Mädchen aus der Feilerei zwei Aborte zusammen. In der Feilerei werden die Lusterarme von den Mädchen gefeilt und auf der Maschine gebohrt. Diese Mädchen müssen da mit den Füßen treten und mit dem Magen aus einen eisernen Hebel drücken, damit der Bohrer an die richtige Stelle kommt.
Vorsitzender: Sie arbeiten also mit den Füßen, dem Magen und den Händen. — Exp. Nr. 105: Es bildet sich sehr viel Metallstaub. Bei gewissen Arbeiten tragen sie Augengläser. Die Arbeiterinnen werden vom Werkführer ausgenommen und entlassen.
Vorsitzender: Können denn die Leute, die beim Thor warten, wissen, wann gerade Arbeit ist? —- Exp. Nr. 105: Die Mädchen haben das schon so in der Gewohnheit, daß sie sich in der Früh zum Thor hinstellen und warten.
Dr. Maresch: Wie viel Kaffee, Milch u. s. w. nehmen Sie zum Kaffee, den Sie für sich, Ihre Schwester und Mutter bereiten? — Expertin Nr. 105: Um 5 kr. Körndlkaffee, manchmal gebe ich auch etwas Gerstenkaffee dazu, wovon ein Päckchen 5 kr. kostet. Mit dem letzteren komme ich die ganze Woche aus. Dann um 3 kr. Feigenkafsee, um 3 kr. Zucker und um 5 kr. einen halben Liter Milch.
Dr. Osner: Kommt in den Verschlag, in den Sie Ihre Kleider geben, nicht Staub hinein? — Exp. Nr. 105: O ja, das Gewand ist immer ganz staubig.