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ist luftig. Wir haben genügende Ventilation. Mittags bleiben Viele im Arbeitssaale, und wenn schönere Zeit ist, setzen sie sich in den Hof. Im Winter schlafen sie zusammen bei der Maschine. Bei uns fliegen keine Haare herum. In der Werkstätte ist es naß, weil viel mit Wasser umgegangen wird. Die Maschinen werden jede Woche geputzt, und zwar von uns selbst. Wir werden dafür extra bezahlt, die, welche d!e Walkmaschinen putzen, bekommen eine Stunde gezahlt, wir eine halbe Stunde. Die Reinigung erfolgt nach Feierabend. Wir haben zehn oder elf Aborte, gesondert für Männer und Frauen. Die Aborte werden von einem eigens dazu bestellten Weib gereinigt, welches ihren Tag - lohn hat wie jede Arbeiterin.
Vorsitzender: Ist der Werkmeister in Ihrer Abtheilung anständig ? — Exp. Nr. 108: Mir hat er noch nichts gethan. Manchmal schimpft er, wenn Eine sich etwas zu Schulden kommen läßt; meistens ist es aber nicht so arg, wie er schimpft. Wenn er halt einen Zorn hat, schimpft er. Da heißt es gleich: „Ihr alten Mistviecher", „Ihr Ludern" und alle Namen. Wenn man schon alt ist, muß man schauen, daß man die Arbeit behält, da kann man keine Antwort geben.
Vorsitzender: Es gibt im Geschäft auch viele männliche Arbeiter. Sind die jüngeren Mädchen von dieser Seite Anfechtungen ausgesetzt? — Exp. Nr. 108: Davon ist mir nichts bekannt. Ich kümmere mich auch nicht, weil ich keine Zeit dazu habe.
Vorsitzender: Sind die Mehrzahl ledig oder verheiratet? — Exp. Nr. 108: Es sind sehrViele verheiratet. Heuer haben vielleicht 30 geheiratet, wovon ich früher gar nichts gewußt habe. Ich bin ledig. Meine Wohnung ist an: Neubau und besteht aus Zimmer und Küche. Ich zahle dafür sl. 10-66 monatlich. Ich wohne mit meinen zwei Kindern und habe ein Bettmädel, die zahlt wöchentlich 50 kr. Sie schläft mit meiner Tochter. Ich gehöre der allgemeinen Arbeiter-Krankencasse an und bin bei einem Leichenverein. Ich zahle 15 kr. wöchentlich. Die Unfallversicherung ist darin mitenthalten.
Vorsitzender: Wie steht es mit den Vergnügungen? — Expertin Nr. 108: Wenn man Geld hat, kann man leicht fortgehen. Ich gehe auch in's Freie, wenn ich kein Geld habe. Habe ich häusliche Arbeiten zu verrichten, so muß ich zu Hause bleiben. Ich muß die Wohnung reinigen, waschen, flicken.
Dr. Schiff: Wird Ihnen für die Unfallversicherung vom Umter- nehmer etwas abgezogen? — Exp. Nr. 108: Alle Jahre ein Zwanziger.
Dr. Schiff: Warum kochen Sie nicht, wenn Sie Mittags nach Hause gehen? — Exp. Nr. 108: Weil ich keine Zeit dazu habe.
Dr. Schiff: Die Wohnung kommt Sie auf sl. 2'10 in der Woche. Was geben Sie für die Kost aus ? — Exp. Nr. 108: Für das Frühstück 16 kr. ohne Brot. Am Abend ißt Jeder, was er will, oder man gibt das Geld zusammen und kauft sich ein Gollasch oder dergl. Das muß genug sein. Das kommt auf 20 bis 25 kr.
Dr. Schiff: Was verdienen Ihre Kinder in der Woche? — Expertin Nr. 108: Mein Sohn hat Plätze gehabt, wo er-st. 0 und 10 gehabt hat, und solche, wo er st. 7 und 8 hat. Er muß mir meine Sachen bezahlen und sich selbst verköstigen. Meine Tochter hat sl. 6'50 gehabt. Früher hat sie Alles hergegeben, jetzt aber nicht mehr.
Dr. Schiff: Sie sagten, die Mädel müssen in der Werkstätte von Zeit zu Zeit wegen der Hitze aussetzen. Dürfen sie abwechseln? — Expertin Nr. 108: Hinausgehen darf keine. Wenn es einer zu heiß ist, ersucht sie eine andere, für sie zu arbeiten.
Vorsitzender: Also bei der schwereren Arbeit ist man nicht im Stande, ununterbrochen fortzuarbeiten?— Exp. Nr. 108: Manche arbeitet schon fort. Gar so schwer ist es nicht, weil ich schon 10 Jahre beim Bottich stehe, und ich bin nie abgelöst worden. Das ist erst seit zwei Jahren, daß wir