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wechseln. Warum sollen wir, wenn Andere zu Drill stehen, den ganzen Tag Wickel machen, warum sollen wir nicht auch wechseln?
Vorsitzender: Läßt es der Arbeitsproceß zu, daß Sie abwechseln, ohne daß der Herr einen Schaden hat? — Exp. Nr. 108: Er hat keinen Schaden, sür uns ist es aber eine Erleichterung.
Dr. Ofner: Wie viel zahlen Sie bei dem Leichenverein? — Expertin Nr. 108: 12 kr. monatlich.
Dr. Ofner: Was haben Sie von dem Leichenverein? — Expertin Nr. 108: Bei der Krankencasse werden, wenn ich sterbe, 25 st. gezahlt. Beim Leichenverein aber bekomme ich ein Leichenbegängniß, und außerdem werden sl. 30 gezahlt.
Dr. Lode: Haben Sie eine besondere Arbeitskleidung? — Expertin Nr. 108: Ich bin so angezogen, wie ich auf der Straße gehe. Andere geben ihre Kleider in die Garderobe.
Dr. Lode: Sie haben gesagt, daß große Nässe vorhanden ist. Da werden ja die Kleider durchnäßt? — Exp. Nr. 108: Das nicht. Man muß sich einen Fetzen umbinden, aber die Luft ist nicht so feucht, daß die Kleider naß werden.
Dr. Lode: Haben Sie Ueberschuhe dort? — Exp. Nr. 108: Manche behalten die Schuhe an, Andere ziehen Pantoffel an.
Experte Humitsch: Ich war in diesem Betriebe zehn Jahre beschäftigt und kenne ihn sehr genau. Die Betriebsmethode ist von der Expertin geschildert worden. In Bezug auf die hygienischen Verhältnisse des Arbeitsraumes wäre sehr viel zu wünschen. Im Sommer hat es an einzelnen Tagen im Arbeitslocal 36 Grad gehabt. Es gehen sehr viele Dampfrohre durch den Raum zu den einzelnen Bottichen, wo das heiße Wasser benöthigt wird. Weiters ist Oberlicht, so daß die Sonne den ganzen Tag hinbrennt. Da müssen im Sommer ein paar Hilfsarbeiter Wasser auf das Glasdach pumpen, damit die Hitze nicht zu stark wird. Durch die Intervention des Gewerbe- Jnspectors hat sich die Firma zu Ende der Achtziger-Jahre veranlaßt gesehen, Ventilationen einzurichten. Sie sind speciell eingeführt worden, weil seitens der allgemeinen Arbeiter-Krankencaffe darauf gedrungen wurde, irgend welche Vorkehrungen zu treffen, damit nicht so viele Erkrankungen vorkommen, wie sie bis dahin im Sommer in Folge der Hitze, im Winter in Folge der Nässe vorgekommen sind. Bevor diese Ventilationen eingerichtet waren, war es dort im Winter wie in einem Dampfbad. Im Uebrigen sind die Angaben der Expertin vollkommen richtig.
Dr. Schiff: Was sind für Erkrankungen zumeist vorgekommen? — Exp. Humitsch: Die meisten sind durch die Erkältungen lungenkrank geworden. Auch nässende Flechten aus den Händen sind vorgekommen. Früher ist in das Wasser, damit sich der Kesselstein nicht so anlegt, eine Substanz gekommen, die sich durch das Tampfrohr verbreitet hat.
Dr. Lode: Sind über den Kesseln, wo den ganzen Tag heißes Wasser ist und sich daher fortwährend Dunst entwickelt, eigene Abzugsschläuche, die mit der Ventilation in Verbindung sind? — Exp. Humitsch: Nein.
Dr. Lode: Halten Sie es technisch für undurchführbar, daß solche Tampfsänger angebracht werden? — Exp. Humitsch: In einigen auswärtigen Betrieben sind solche eingeführt.
Expertin Nr. 109: Ich bin im selben Betriebe beim Haarschariren. Ich habe eine Maschine, da stecke ich den Stumpen hinein. Ein Messer lauft hin und her. Ich bin bei dieser Arbeit allein. Ich bin bereits 14 Jahre im Betriebe und war immer beim Schariren. Wenn ich da gerade nichts zu thun habe, bin ich in einer anderen Abtheilung zur Aushilfe. Beim Schariren bin ich in der Bläserei zugetheilt. Mein Lohn beträgt 90 kr. Ueberstunden gibt es nicht. Strafen und Abzüge kommen nicht vor.