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Mach kurzer Unterbrechung der Sitzung übernimmt E. P e r n e rst o rf e r
den Vorsitz.)
Vorsitzender: Es sind in Vertretung von Firmen ein Herr und eine Dame erschienen: Herr Theimel, Buchhalter der Firma Fischer, und eine Dame, Buchhalterin bei der Firma Marison. Wir haben nun den principiellen Beschluß gefaßt, daß wir als Unternehmer-Experten nur die Chefs von Firmen vernehmen, und bitten die erschienenen Experten, die Chefs zu verständigen, daß wir Werth darauf legen, sie selbst zu hören. Wir können nicht gut die Vertreter dieser Firmen in die unangenehme Lage versetzen, etwas auszusagen, was wahr ist und ihnen nachteilig werden könnte. Ferner hat sich Herr Franz Prikosovits, Inhaber eines Goldstickereigeschäftes, als Experte gemeldet. — Exp. Prikosovits: Es ist in einer Zeitung ein Bericht erschienen, in welchem es heißt, eine Expertin habe angegeben, sie arbeitet II Stunden täglich und verdient fl. 4-20 wöchentlich: dabei ist die Arbeit so anstrengend, daß man sie nur einige Monate aushält und dann aussetzen muß; im Sommer wäre ohnedies nichts zu thun. Wenn die Sache so wäre, so staune ich, daß so viele Tausende von Mädchen sich der Stickerei hingeben, wenn man nach einigen Monaten so deroute ist, daß man sie stehen lassen muß. Das ist factisch unrichtig. Man arbeitet auch in vornehmen Ständen zum Vergnügen als Stickerin, in besseren Ständen auch zur Sustentation, und die arme Arbeiterin zum ausschließlichen Lebensunterhalt. Wenn eine Arbeiterin mit Chemikalien zu thun hat oder ein Rad treiben muß, so ist das gewiß schwer; aber daß die Stickerei schwer ist, das ist vollständig undenkbar. Alles, was unmäßig genossen wird, auch Speisen, sind Gift, und so ist es auch mit der Arbeit. Ein Schreiber oder Advocat, der Tag und Nacht fortwährend arbeitet, muß sich auch aufreiben; aber die Stickerei ist — kurz genossen — nicht so aufreibend Vorhin ist ein Experte aus der Confectionsbranche hier gesessen; dort haben sie geregelte Zustände; die Mädchen müssen zwei Jahre lernen, aufgedungen werden und der Genossenschaft und der Krankencasse angehören. Das ist bei uns leider nicht der Fall, und dadurch werden die Berufsstickerinnen geschmälert. Es ist mir ein Fall vorgekommen, wo drei Stickerinnen nacheinander gekommen sind, und keine hat ein Arbeitsbuch gehabt.
Vorsitzender: Haben Sie sie aufgenommen? — Exp. Priko- sovits: Nein.
Vorsitzender: Sie haben als Beweis dafür, daß die Stickerei nicht so anstrengend ist, angeführt, daß sich so viele Tausende zur Stickerei drängen, es drängen sich aber ebenso viele Tausende zu den Ziegelarbeiten, die gewiß nicht zu den Annehmlichkeiten des Lebens gehören; das kann man also nicht als ein Argument betrachten. Ich werde nunmehr zur Fragestellung übergehen. Wie lange sind Sie Unternehmer? — Experte Prikosovits: Ich bin Genossenschafts-Ausschuß, und als solcher kann ich mich in interne Fragen nicht einlassen.
Vorsitzender: Sie können uns also nicht sagen, wie lange Sie Unternehmer sind? — Exp. Prikosovits: Sechs Jahre; ich kann mich aber auf diese Fragen nicht einlassen, ich habe kein Mandat dazu.
Vorsitzender: Haben Sie sich zur Enquete gemeldet? — Experte Prikosovits: Ja, mündlich.
Vorsitzender: Es ist merkwürdig, daß Sie sich melden und dann gleich anfangs erklären, Sie könnten keine Aufklärungen geben. — Experte Prikosovits: Ich wollte nur über diesen Zeitungsartikel sprechen.
Dr. Verkauf: Unser Protokoll enthält detaillirte Angaben einer Arbeiterin Ihrer Branche. Nun erscheinen Sie hier und erklären uns, es, sei keine schwere, sondern eine leichte Arbeit, Sie fügen aber gleich hinzu: über interne Sachen gebe ich keine Auskunft. Nun sage ich: Jeder