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nehmen sich nicht so viel Mühe, dem Arbeiter zn sagen: Ich gebe Ihnen das oder jenes; man tritt gewöhnlich ohne Bedingung ein. Bei den männlichen Arbeitern ist es in der Regel so, daß der Gehilfe gar nicht weiß, welchen Lohn er bekommt, bis die Woche zu Ende ist. Ich glaube nicht, daß Geschenke üblich sind, höchstens bei der Arbeitsvermittlung. Die Mädchen sind durch- gehends ledig; höchstens dürfen jene Verschleißerinnen, welche in Filialen angestellt sind, verheiratet sein.

Dr. Hainisch: Gibt es eine Saison im Bäckerladen? Experte Tobola: Im Sommer ist es wohl etwas schwächer, aber das spielt keine Rolle. Es werden höchstens in den großen Bäckereien ein bis zwei Arbeiter weniger gebraucht.

Dr. Schiff: Wovon hängt die Höhe des Lohnes der Mädchen ab ? Exp. Tobola: Die Arbeit ist nicht die gleiche. Mädchen, die mehr Intelligenz, eine größere Umsicht und mehr Kenntnisse besitzen, werden auch zn besseren Arbeiten verwendet, z. B. zum Schreiben. Es besteht ja auch Buch­führung bei den Bäckern, und wenn ein Mädchen sich eifrig und umsichtig zeigt und oft Betrügereien von den Burschen entdeckt oder verhindert, so werden sie dann besser gestellt. Ein Mädchen, das unzufrieden ist, sagt einfach, sie will nicht mehr bleiben, wenn sie keinen höheren Lohn bekommt; wenn sie dem Herrn etwas werth ist, so zahlt er ihr gewiß gerne mehr. Es werden gerne frische Kräfte genommen, und so kommt es, daß die Mädchen im Allgemeinen nur sehr kurze Zeit beim Geschäfte sind. In welche Bernfsclassen dann diese Mädchen eintreten, ist schwer zn sagen. Die meisten heiraten wohl oder übernehmen eine andere Arbeit, die sie zu Hause leicht besorgen können. Verheiratete werden bei unserem Geschäfte nicht be­schäftigt. Das Angebot von Arbeitskräften ist bei den Mädchen nicht so bedeutend wie bei den männlichen Arbeitern, denn die Mädchen kommen in anderen Beschäftigungen besser unter als bei uns. Man kann das nicht so gut überblicken, aber jedenfalls ist das Angebot der Arbeitskräfte größer als die Nachfrage nach denselben.

Vorsitzende: Wir gehen jetzt znr Spenglerei über.

Experte Hans Drechsler (über Befragen seitens der Vorsitzenden»: Wir haben in unserem Gewerbe eine Unzahl von kleinen Werkstätten, wo gewöhnlich zehn bis zwölf Personen beschäftigt sind. Die Arbeit besteht hauptsächlich im Löthen und Putzen. Außerdem kommt es vor, daß sehr viele Arbeiterinnen in unserem Gewerbe zur Maschinenarbeit verwendet werden, weil die männlichen Arbeitskräfte entschieden zu theuer sind. Beim Putzen ist hervorzuheben, daß hauptsächlich Zinkgegenstände mit Salzsäure geputzt und mit Wiener Kalk nachgerichtet werden müssen. Durch die Salz­säure, welche einen starken Dampf abgibt und welchen die Arbeiterinnen, da sie in gebückter Stellung arbeiten, einathmen müssen, werden die Athmungsorgane sehr geschädigt - außerdem müssen die Leute noch den Staub vom Wiener Kalk und schlemmkreide schlucken. Beim Löthen wird mit dem Löthwasser oder Salzsäure gearbeitet, welche ebenfalls schlechte Dünste ausströmen, dazu kommen noch die schlechten Gasdünste. Die Frauen sind beim Schneiden mit den Scheeren beschäftigt, dann auch bei Maschinen, welche einen geraden Gegenstand rund machen müssen, die sogenannten Rundmaschinen. Diese Maschinen werden theilweise mit Dampf, theilweise mit der Hand getrieben und sind in der Beziehung sicherheitsgefährlich, weil die Arbeiterin leicht mit ihrem Kleid in die Räder oder in die Walzen hineinkommen kann. Mir sind aller­dings wenige Unfälle bekannt. Sicherheitsvorkehrungen sind zwar in einigen Betrieben, aber sie werden wenig gehandhabt, denn die Leute stehen meist im Accordlohn, und dadurch wird verursacht, daß sie so schnell als möglich mit der Arbeit fertig werden wollen, um neue zu erhalten, weil sie wenig dafür bezahlt bekommen. Auch bei der Hand-

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