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gereinigt. Bei S. sind wir dafür bezahlt worden, wir haben 50 kr. be­kommen. Eigentliche Vorgesetzte habe ich nicht. Ich bin die Erste.

Vorsitzende: Beaufsichtigt Sie der Unternehmer? Expertin Nr. 115: Ja, er kommt oft hinauf.

Vorsitzende: Wie ist er dann? Exp. Nr. 115: Ich könnte nichts sagen, er ist nicht grob, und es kommt auch nichts Unrechtes vor.

Witte lshöfer: Es ist ja auch der Magazineur da. Expertin Nr. 115: Der übernimmt die Arbeit, die wir einschreiben lassen, und gibt auch die Arbeit aus, und zwar nicht Jeder einzeln, sondern er gibt so viel heraus, und wir theilen dann die Arbeit. In der Lackirerei ist ein Werkführer, der ist auch anständig. Von den Arbeiterinnen ist nur eine ver­heiratet. Die hat ein zehnjähriges Kind. In der Lackirerei sind etwa acht v erheiratet.

Dr. Ofner: Warum macht der Magazineur denn Abzüge? Exp. Nr. 115: Wahrscheinlich, damit er sich beim Herrn beliebt macht.

Bardorf: Das wird wohl so sein: Wenn ein neuer Artikel kommt, dessen Preis noch nicht festgesetzt ist, so versucht er, wie viel sie davon machen können; sieht er, daß sie von dem Artikel mehr machen können, so reducirt er den Preis. Exp. Nr. 115: O nein. Abzüge kommen auch bei alten Artikeln vor.

W i t t e l s h ö f er: Haben Sie sich niemals darüber beim Herrn beschwert? Exp. Nr. 115: Einmal habe ich mich beschwert, da der Magazineur zufälligerweise verreist war. Der Herr hat aber gesagt:Das geht mich nichts an." (Ueber Befragen der Vorsitzenden.) Ich wohne im zehnten Bezirk. Ich bin bei meinen Eltern. Die Wohnung besteht aus Zimmer und Küche. In derselben sind meine Eltern, ich und eine Bettsrau. Diese zahlt fl. 2 monatlich. Sie hat ihr eigenes Bett. Für die Wohnung zahlen wir sl. 0 monatlich. Sie ist sehr licht. Zum Gabelfrühstück esse ich ein Stück Brot und um 5 kr. Wurst, zu Mittag ein Stück Wurst und Brot. Ich darf nicht mehr anbringen als 25 kr. Manchmal trinke ich ein Glas Bier dazu. Nachmittags esse ich nichts, Abends esse ich zu Hause. Da wird etwas gekocht; geröstete Erdäpfel oder Erdäpfelpure'e. Fleisch nicht. Sonntag essen wir ein Stück Rindfleisch, etwa 50 Deka für drei Personen. Der Vater ist Taglöhner und die Mutter Taglöhneriu.

Mittels höfer: Geben Sie Ihrer Mutter den Verdienst? Exp. Nr. 115 : Ich zahle den Zins. Dafür bekomme ich Frühstück, Bett, Wäsche und Nachtmahl.

Wittelshöfer: Wohnen alle Bier im Zimmer? Expertin Nr. 1l5: Ja.

Bardorf: Wann reinigen Sie die Wohnung? Exp. Nr. 115: An Sonntagen. Das ist unser Vergnügen.

Dr. Ofner: Wie viel verdient der Vater? Exp. Nr. 115: fl. 1U0 täglich. Die Mutter 70 kr.

Dr. Ofner: Könnten Sie da nicht etwas besser leben, als Sie uns geschildert haben? Exp. Nr. 115: Ja, aber im Winter sind die Eltern nicht beschäftigt, und da müssen wir Schulden machen.

Dr. Ofner: Wie hoch belaufen sich die Schulden, wenn der Winter vorüber ist? Exp. Nr. 115: fl. 20 bis 30.

Bardors: Wie beziehen nach Ihrer Erfahrung die Mädchen ihre Kleider? Exp. Nr. 115: Ich muß meine Kleider sehr theuer aus Ab­zahlen nehmen. Für ein Kleid, das ich um fl. 8 bekommen würde, wenn ich es gleich bezahlen könnte, muß ich sl: 24 bis 25 zahlen. So muß ich das ganze Jahr Raten zahlen, weil, wenn ich ein neues Kleid brauche, das erste noch nicht ganz bezahlt ist. Das ist bei den meisten Arbeiterinnen so. Sie zahlen wöchentlich 50 kr. oder fl. l.

Vorsitzender: Warum sparen Sie das Geld nicht lieber vorher