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Arbeiterinnen, welche beim Fenster sitzen, sind besser daran als die, welche rückwärts sitzen. Ventilation ist keine vorhanden. Im Betriebe sind etwa zwölf englische Aborte und ein Pissoir. Die Aborte sind nicht getrennt. In Bezug auf die Sittlichkeit ist nichts zu bemerken.

Experte Ich war in einem großen Betriebe. Dort war auch eine Bau- und Ornamentenspenglerei. Ich habe mich bemüht, von dort Exper­tinnen her mitzunehmen, es wollte sich aber keine dazu bewegen lassen. Ich habe mich auch an den Werksührer gewendet, weil der seinerzeit in der Organisation gestanden ist. Er hat es mir zugesagt, daß er eine herschicken wird, es ist aber trotzdem keine hier. Vor 14 Tagen waren zwölf Arbeiterinnen dort, außerdem sieben Schleiserinnen, drei Spengler, ein Schlosser und zwei Presser. Die Saison ist dort sehr verschieden. Die Arbeit geht im Jänner an und dauert bis zum Sommer. Da geht der Chef, der ein sehr reicher Mann ist, in die Sommerfrische und sperrt die Fabrik einfach zu. Da müssen die Arbeiter aussetzen und warten, bis der Chef wieder zurückkommt, weil sie in diesen Artikeln anderswo keine Arbeit be­kommen. Dieses Aussetzen dauert drei bis vier Monate. Im Betriebe ist eine 50pferdige Maschine, die ist aber viel zu groß. Bei einer Presse ist auch ein Unfall vorgekommen; da ist einem Arbeiter die Hand eingequetscht worden. Auch Frauen sind bei Maschinen beschäftigt. Die Arbeit ist iuso- ferne schädlich, als sehr viel Staub erzeugt wird. Weun man hineinkommt, glaubt man nicht, daß in einer solchen Atmosphäre Menschen existiren können. Es ist bei jeder Maschine ein Ventilator. Der sollte mit Dampf betrieben werden, nachdem aber das Gebäude schon etwas baufällig ist und man die Erschütterung fürchtet, so läßt man eben die Ventilatoren nicht gehen. Arbeit wird nicht außer Haus gegeben. Lehrmädchen gibt es nicht. Es ist auch nicht viel zu lehren, denn es wird immer dieselbe Arbeit gemacht. Es gibt mehrere Kategorien von Arbeiterinnen: beim Schleifen, Pressen, Beizen, wo mit Salzsäure und Wasser gebeizt wird, zwei Arbeiterinnen sind im Magazin, die haben ein prächtiges Leben. Eine Arbeitsvermittlung für diese Arbeiterinnen gibt es nicht. An jedem Montag steht eine große Menge vor dem Thore. Die Aufnahme derselben ist Sache des Buchhalters oder Direetors. In jeder Woche wird eine größere Anzahl aufgenommen und entlassen. Es ist nur eine Einzige bereits vier Jahre dort, die Aussetzzeit abgerechnet. Auch zu Weihnachten steht der Be­trieb 14 Tage, weil die Oefen, wo das Geschirr emaillirt wird, stehen. Es ist also blos sechs Monate im Jahre Arbeit. Diese wird nach Stunden entlohnt. Für eine zehnstündige Arbeitszeit beträgt der Lohn 60 bis 80 kr. Die im Magazine haben fl. 1. Wenn blos neun Stunden gearbeitet wird, so wird für eine Stunde abgezogen. Ausgaben für Material haben die Arbeiterinnen nicht. Ueberstunden kommen nicht vor. Abzüge und Strafen gibt es nicht, weil nichts verdorben werden kann.

Bardorf: Wie viele Arbeiterinnen haben 60 kr. und wie viele 80 kr. ? Exp. Zwölf Mädchen sind im Ganzen, davon haben drei 60 kr., zwei fl. 1 und die anderen sieben 80 kr. Wenn ausgesetzt wird, verdienen sie natürlich nichts.

Dr. Ofner: Haben die Frauen die Möglichkeit, während dieser drei oder vier Monate eine andere Beschäftigung zu betreiben? Exp.

Ich glaube nicht. (Ueber weiteres Befragen durch die Vorsitzende.) Es sind meistens sehr schwache Personen, denen man die Krankheit von weitem an­sieht. Eine schwere Arbeit würden die nicht verrichten können. Von einer Arbeiterin weiß ich, daß sie zweimal niedergekommen ist und jedesmal ein todtes Kind zur Welt gebracht hat. Die Leute sind meistens lungenkrank. Die Mittagspause wird eingehalten, aber die Arbeiterinnen bleiben selbst während dieser Zeit in der schlechten Atmosphäre. An Sonn- und Feier­tagen wird nicht gearbeitet. Kündigung besteht nicht. Geschenke kommen nicht