465

Dr. Riedl: Auf Sie kommen, nach dem, was Sie gesagt haben, 25 Deka Fleisch, und das vertheilen Sie aus zwei Mahlzeiten? Expertin Nr. 122: Ich habe nicht die Hälfte, denn wenn das Fleisch ein bischen fett ist, esse ich es nicht. Da kaufe ich mir zum Gemüse eine Wurst.

.Dr. Riedl: Essen Sie auch am Abend Fleisch? Exp. Nr. 122: Selten; ich bin keine Freundin davon.

Dr. Schwab: Bekommt eine von Ihnen, wenn sie austritt, von dem Gelde, welches sie eingezahlt hat, etwas zurück? Exp. Nr. 123: Nein.

Exp. Nr. 122: Ich habe gar nichts zurückbekommen.

Vorsitzender: Aus diesem Fonds werden die Pensionen aufgebessert?

Exp. Nr. 123: Ja.

Vorsitzender: Wie viel kommt dazu? Exp. Nr. 123: Das Almosengeld für 15- bis 30jährige Dienstzeit macht 10 kr. pro Tag, für 30- bis 40jährige Dienstzeit 15 kr. und über 40 Jahre 20 kr. pro Tag aus.

Vorsitzender: Wann sind die 4 kr. eingeführt worden? Ex­pertin Nr. 123: Vor einem Jahre. Früher waren zuerst 2 und dann 3 kr.

Mittels höser: Wie ist der Vorgang, wenn Eine pensionirt werden soll? Exp. Nr. 123: Da kann ich einen Fall erzählen. Eine Arbeiterin hat 20 Jahre Dienstzeit. Einige Jahre war sie am Rennweg und die übrige Zeit in der Roßau. Hier ist sie nervenleidend geworden; sie hat sich als junges Mädchen nicht viel verdienen können, hat sich nur von Brot genährt und ist herab gekommen. Sie war arbeitsunfähig und hat die Pension bean­sprucht. Da hat man sie zurückweisen und mit fl. 30 abfertigen wollen. Sie ist aber bis zum Director gegangen und hat gesagt, wenn er ihr die Pension nicht gibt, so wird sie zum Pernerstorfer gehen. Da hat man ihr gesagt, sie soll ruhig sein und nach Hause gehen, man wird die Sache schon machen. Man hat ihr dann die Post geschickt, sie soll zum Jnspector kommen. ^ Der Jnspector hat ihr gesagt:Da suchen Sie sich etwas", und hat auf das Pflaster gezeigt. Da hat sie gesagt:Jetzt soll ich was suchen, wo ich meine 20jährige Dienstzeit habe? Ich kann nicht als Prostituirte gehen, wo ich so hergerichtet bin", und da hat er gesagt, das kümmere ihn nichts. Da ist sic zum Pernerstorfer gegangen, und sie hat für 15 Jahre die Pension bekommen, das Andere ist ihr nicht angerechnet worden.

Wittelshöser: Ist sie ärztlich untersucht worden? Expertin Nr. 123: Ja.

Wittelshöser: Was hat der Arzt gesagt? Exp. Nr. 123 : Daß sie arbeitsunfähig ist.

Wittelshöser: Und trotzdem wollte man ihr keine Pension geben?

Dr. v. Fürth : Können Sie sagen, ob viele Frauen im Jahre pensionirt werden? Exp. Nr. 123: Nicht viele, denn wenn eine ältere Arbeiterin krank wird, und man glaubt, sie bekommt schon die Pension, so bekommt sie 20 Wochen das Krankengeld, und dann ist ihre Genußzeit schon aus. Man tröstet sie, sie werde schon die Pension bekommen; bis dahin kann sie aber sterben. Der Fall ist schon wiederholt dagewesen. Heute ist die Frau ge­storben, und morgen ist die Pension bewilligt worden.

Dr. Osner: Es dauert also eine lange Zeit, bis man die Pension bekommt? Die Frau, von der Sie gesprochen haben, war ja arbeitsunfähig ?

Exp. Nr. 123: Der Jnspector hat gesagt, sie muß zuerst ihre Docnmente hergeben, und er selbst wird das Gesuch einreichen. Es hat sechs Wochen gedauert, bis das erledigt war. Die Frau hat gedrängt und ist fast alle Tage zur Direction gegangen.

Dr. Osner: Wissen Sie andere Fälle, wo es lange gedauert hat?

Exp. Nr. 123: Eine ist ein Jahr krank zu Hause und hat noch immer nicht die Pension und wartet täglich darauf.

Wittelshöser: Hat sie darum angesucht? Exp. Nr. 123: Ja.

Wittelshöser: Darüber wird ja doch bei Ihnen geredet? Es

30

Frauen-Enqutzte.