491
Dr. Schwiedland: Verwenden Friemschuster im Kleingewerbe auch Frauen zu ihrer Arbeit? — Exp. Nr. 130: Ja.
Dr. Schwiedland: Kommt es nicht vor, daß in den Fabriken die Obertheile fertig gekauft werden? — Exp. Nr. 130: Nein, das kommt nur beim Kleingewerbe vor.
Dr. Schriller: So viel ich weiß, find bei Ihnen auch Mädchen, welche die fertige Waare einpacken. Was bekommen die gezahlt? — Expertin Nr. 130: Wir'haben deren drei, eine bekommt fl. 8'50, eine fl. 6'50 und eine fl. 6.
Dr. Schüller: Wenn Sie einen Tag aussetzen, so wird Ihnen dieser Tag abgezogen? — Exp. Nr. 130: Ja.
Dr. Schiff: Wie viel Lohn haben Sie früher gehabt? —Expertin Nr. 130: Wie ich eingetreten bin, habe ich fl. 8'50 bekommen, diesen Lohn habe ich elf oder zwölf Jahre gehabt, dann fl. 9, 9'50, und feit drei Jahren habe ich fl. 10.
Dr. Schiff: Sie sprachen von einer freiwilligen Hausarbeit der Tischarbeiterinnen. Wenn viel zu thun ist, dürfte diese Arbeit denn doch nicht so ganz freiwillig sein? — Exp. Nr. 130: Es ist kein Zwang.
Dr. Schiff: Sie haben uns noch immer nicht erklärt, wie es kommt, daß in der Saison die Zahl der Vorrichter sich verdoppelt, während die der Näherinnen sich nur sehr wenig vermehrt. — Exp. Nr. 130: In der Saison haben wir eben eine andere Art von Arbeit, bei welcher mehr vorzurichten und weniger zu nähen ist. Außer der Saison ist verhältnismäßig mehr zu nähen und weniger vorzurichten. Dadurch gleicht sich das aus.
Weiß: Sie haben uns genaue Lohnangaben gemacht. Wissen Sie das aus irgendwelchen officiellen Lohnlisten? — Exp. dir. l30: Nein, aber wenn man so lange in der Fabrik ist, so weiß man das schon.
Dr. Schwiedland: Wenn Sie an einem Feiertag nichts arbeiten, wird Ihnen derselbe abgezogen? — Exp. Nr. 130: Zu Pfingsten, Ostern und Weihnachten, wenn gar nicht gearbeitet wird, werden die Feiertage abgezogen. Früher war das bei uns nicht der Fall. Aber vor ein Paar- Jahren war ein Strike, durch welchen wir eine Zulage von 50 kr. erhielten. Nun war es damals schon in den verschiedenen Fabriken eingeführt, daß für Feiertage nichts gezahlt wird, und da hat sich der Herr damals diesen Fabriken angeschlossen. In einer Woche, wo ein Feiertag ist, verdiene ich statt fl. 10 nur fl. 8'34.
Vorsitzender: Sind in den anderen Fabriken die Lohnverhältnisse ebenso wie bei Ihnen? — Exp. Nr. 131: Ja.
Vorsitzender: Und im Kleingewerbe? — Exp. Nr. 131: Dort wird weniger gezahlt. Die Tischarbeiterinnen sind häufig im Geschäfte in Kost und bekommen fl. 3 bis 4. Die Stepperinnen sind auch in Kost und bekommen fl. 7 bis 8. Das ist aber verschieden, in manchen Gewerben wird nur die Jause, in manchen auch die Mittagskost gegeben. Im Allgemeinen dürfte der Lohn im Kleingewerbe um fl. 1 bis 2 niedriger sein, dafür steht man im Kleingewerbe mit dem Meister in näherer Berührung. Er hat oft ein Einsehen, wenn er sieht, daß man sich plagt, und zahlt mehr.
Vorsitzender: Es dürfte also so sein, daß jene Arbeiterinnen, welche in den Fabriken nicht unterkommen, gezwungen sind, zum Kleingewerbe zu gehen? — Exp. Nr. 131: Ja, aber es sind auch gute Arbeiterinnen darunter, die eben gerade keinen Platz bekommen. — Exp. Nr. 130 (auf weiteres Befragen des Vorsitzenden): Wir haben einen Werksührer zum Vorgesetzten. Er ist sehr streng und sehr gut. Ohne Anlaß ist er nicht grob. Nur wenn eine Arbeiterin etwas macht, was nicht sein darf, so hat er den Auftrag vom Herrn, ihr einen Verweis zu ertheilen. Man kann überhaupt nicht im Geringsten über ihn klagen.